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eVergabe: Rechtliche Grundlagen & Praxis im Vergaberecht.

Digitale Transformation im Vergaberecht – eVergabe

Die eVergabe hat sich als verpflichtendes Verfahren zur elektronischen Abwicklung öffentlicher Auftragsvergaben in Deutschland und der Europäischen Union etabliert. Unternehmen, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, müssen ihre Angebote nach Maßgabe des § 97 Abs. 5 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in elektronischer Form einreichen. Damit wurde die bis dahin zulässige papiergebundene Angebotsabgabe vollständig durch digitale Prozesse ersetzt. Das Ziel dieser Entwicklung liegt in der Erhöhung von Transparenz, Effizienz und Nachvollziehbarkeit der Vergabeverfahren. Gerade für Unternehmen, die regelmäßig an EU-weiten Ausschreibungen teilnehmen, ist die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen der eVergabe von zentraler Bedeutung. Wer die Vorgaben nicht erfüllt, riskiert einen Ausschluss vom Verfahren. Daher erfordert die eVergabe neben technischem Know-how auch vertiefte Kenntnisse im Vergaberecht und den einschlägigen Rechtsquellen.

Rechtliche Grundlagen der eVergabe: GWB, VgV, UVgO und EU-Richtlinien

Die rechtliche Verankerung der eVergabe findet sich im Kern im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 ff. GWB), das die Grundsätze des Vergaberechts für Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte enthält. Ergänzend regelt die Vergabeverordnung (VgV) die Einzelheiten der elektronischen Kommunikation, während die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für Vergaben unterhalb der Schwellenwerte einschlägig ist. Für spezielle Bereiche gelten die Sektorenverordnung (SektVO) und die Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV). Auf europäischer Ebene normiert die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe in Art. 22 die Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation. Ergänzend spielt die eIDAS-Verordnung (EU) Nr. 910/2014 eine tragende Rolle, da sie die Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen und Identitätsnachweise vorgibt. In Kombination ergibt sich daraus ein rechtlich kohärentes System, das die elektronische Abwicklung von Vergabeverfahren zwingend macht. Unternehmen müssen diese Rechtsquellen kennen, um ihre Angebote rechtssicher einzureichen und am Wettbewerb erfolgreich teilnehmen zu können.

Pflichten der öffentlichen Auftraggeber in der eVergabe

Die Pflichten öffentlicher Auftraggeber im Rahmen der eVergabe sind detailliert geregelt. Nach § 9 VgV ist die gesamte Kommunikation, einschließlich Bekanntmachung, Bewerbung, Bieterfragen und Angebotsabgabe, ausschließlich elektronisch zu führen. Die Vergabeunterlagen sind gemäß § 41 Abs. 1 VgV kostenlos, vollständig und uneingeschränkt elektronisch bereitzustellen. Auftraggeber müssen ferner sicherstellen, dass ihre eVergabeplattformen ein Höchstmaß an Datensicherheit und Vertraulichkeit gewährleisten. Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06) hat klargestellt, dass Vergabeverfahren nur dann rechtmäßig sind, wenn die Gleichbehandlung aller Bieter gewahrt bleibt, was auf die digitale Abwicklung übertragbar ist. Bei Verstößen drohen Nachprüfungsverfahren nach § 160 GWB. Auch die Barrierefreiheit ist verpflichtend, sodass alle Unternehmen unabhängig von technischen Voraussetzungen teilnehmen können. Damit tragen Auftraggeber die Verantwortung, die eVergabe rechtssicher zu gestalten und den Zugang zum Verfahren diskriminierungsfrei zu gewährleisten.

Rechte und Handlungsmöglichkeiten der Unternehmen bei der eVergabe

Unternehmen haben das Recht, von Auftraggebern eine diskriminierungsfreie und transparente Durchführung der eVergabe zu verlangen. Nach § 97 Abs. 2 GWB besteht ein Anspruch auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung. Unternehmen dürfen nicht durch technische Hürden benachteiligt werden, etwa wenn eine Vergabeplattform fehlerhaft funktioniert. Ein Verstoß kann durch ein Nachprüfungsverfahren bei der zuständigen Vergabekammer gerügt werden (§ 160 Abs. 1 GWB). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 11.12.2014 (C-440/13) betont, dass Vergabeverfahren auch unter digitalen Bedingungen den unionsrechtlichen Grundsatz des freien Wettbewerbs wahren müssen. Bieter können zudem Schadensersatz nach § 181 GWB geltend machen, wenn ihnen durch fehlerhafte eVergabe-Verfahren ein Zuschlag entgeht. Daher sollten Unternehmen ihre Rechte kennen und aktiv wahrnehmen, um sich vor Rechtsnachteilen zu schützen. Insbesondere bei EU-weiten Verfahren empfiehlt sich eine rechtliche Prüfung, um den Anforderungen der eVergabe gerecht zu werden und Ausschlussrisiken zu vermeiden.

Rechtsschutz bei Vergabeverstößen im Rahmen der eVergabe

Das Nachprüfungsverfahren nach §§ 160 ff. GWB bildet das zentrale Instrument des Rechtsschutzes. Unternehmen müssen Vergabeverstöße zunächst unverzüglich rügen (§ 160 Abs. 3 GWB), bevor sie einen Nachprüfungsantrag stellen können. Gerade im Bereich der eVergabe treten häufig Verstöße auf, etwa durch unzureichende Bereitstellung der Unterlagen oder technische Einschränkungen bei der Angebotsabgabe. Die Vergabekammern prüfen solche Verstöße und können die Aufhebung oder Wiederholung des Vergabeverfahrens anordnen (§ 168 Abs. 1 GWB). Gegen die Entscheidung der Vergabekammer steht den Beteiligten die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht offen (§ 171 GWB). Unionsrechtlich garantiert die Richtlinie 89/665/EWG wirksame Rechtsbehelfe. Die Praxis zeigt, dass der Rechtsschutz im Bereich der eVergabe eine hohe Bedeutung hat, da technische Mängel unmittelbare Ausschlussgründe darstellen können. Wer seine Rechte nicht rechtzeitig geltend macht, verliert die Möglichkeit zur rechtlichen Durchsetzung, was die Notwendigkeit sorgfältiger Prüfung unterstreicht.

Besonderheiten der elektronischen Kommunikation (§ 9 VgV und eIDAS-VO)

Die elektronische Kommunikation ist im Vergaberecht nicht nur eine technische, sondern auch eine rechtliche Herausforderung. Nach § 9 VgV muss sie über sichere und nachvollziehbare Systeme erfolgen, die Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der Daten gewährleisten. Die eIDAS-Verordnung verpflichtet Auftraggeber und Unternehmen, qualifizierte elektronische Signaturen und Siegel zu akzeptieren, sofern diese vorgeschrieben sind. In der Praxis stellt dies hohe Anforderungen an die eingesetzte Software. Fehlerhafte Übertragungen oder fehlende Signaturen können zur Unwirksamkeit eines Angebots führen. Der EuGH hat mehrfach betont, dass technische Anforderungen nicht unverhältnismäßig sein dürfen, da andernfalls der Zugang zum Verfahren eingeschränkt wäre (EuGH, Urteil v. 25.10.2001 – C-78/00). Damit ist die elektronische Kommunikation ein rechtlich sensibler Bereich, in dem Auftraggeber ihre Systeme anpassen und Unternehmen ihre Einreichungen sorgfältig prüfen müssen, um Ausschlüsse zu vermeiden.

Praktische Umsetzung der eVergabe-Plattformen

Die praktische Umsetzung der eVergabe erfolgt in Deutschland über verschiedene Plattformen, wie den Vergabemarktplatz des Bundes, die Landesplattformen und kommerzielle Anbieter wie evergabe.de. Alle Plattformen müssen den Anforderungen der VgV entsprechen und die rechtlich gebotene Transparenz sicherstellen. Bekanntmachungen öffentlicher Ausschreibungen sind auf TED (Tenders Electronic Daily) zu veröffentlichen, wenn die Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte liegen. Unternehmen können über die Plattformen die Unterlagen herunterladen, Fragen stellen und Angebote einreichen. Auftraggeber wiederum verwalten die Verfahren vollständig elektronisch. Probleme ergeben sich in der Praxis oft bei der Kompatibilität von Dateiformaten oder der Einhaltung von Fristen. Nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV führt eine nicht fristgerechte Einreichung zwingend zum Ausschluss. Daher ist die rechtssichere Handhabung der Plattformen für beide Seiten essenziell. Die eVergabe wird so zur zentralen Schnittstelle zwischen Rechtspflichten und digitaler Praxis.

Folgen unzulässiger Änderungen im Vergabeverfahren

Unzulässige Änderungen in der eVergabe können gravierende Folgen haben. Wird ein Verfahren etwa durch nachträgliche Modifikationen der Vergabeunterlagen verfälscht, liegt ein Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB vor, der die Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsätze schützt. Solche Änderungen können gemäß § 160 Abs. 2 GWB zur Aufhebung des Verfahrens führen. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass jede wesentliche Änderung einer Ausschreibung eine neue Bekanntmachung erfordert (vgl. EuGH, Urteil v. 19.06.2008 – C-454/06). Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie auf die Rechtmäßigkeit der Vergabeunterlagen vertrauen dürfen. Auftraggeber hingegen tragen die Verantwortung, nachträgliche Änderungen rechtssicher vorzunehmen. Geschieht dies nicht, drohen nicht nur Nachprüfungsverfahren, sondern auch Schadensersatzansprüche nach § 181 GWB. Damit zeigt sich, dass die rechtliche Absicherung der eVergabe nicht nur bei der Durchführung, sondern auch bei Änderungen zwingend erforderlich ist.

Europarechtliche Vorgaben und EuGH-Urteile zur eVergabe

Die europäische Dimension der eVergabe ist von zentraler Bedeutung. Art. 22 der Richtlinie 2014/24/EU verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einführung elektronischer Kommunikationsmittel. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung mehrfach klargestellt, dass der Zugang zu Vergabeverfahren unionsweit diskriminierungsfrei zu gewährleisten ist. So urteilte der Gerichtshof, dass technische Anforderungen an elektronische Systeme nicht dazu führen dürfen, ausländische Unternehmen vom Verfahren auszuschließen (EuGH, Urteil v. 16.10.2003 – C-421/01). Darüber hinaus stärkt die Kommission die digitale Beschaffungspraxis durch Programme wie das „eProcurement Action Plan“. Damit wird deutlich, dass die eVergabe nicht allein eine nationale, sondern auch eine unionsrechtliche Pflicht ist. Unternehmen müssen sich daher nicht nur an deutsches Recht, sondern auch an unionsrechtliche Vorgaben halten, um ihre Teilnahme an EU-weiten Vergabeverfahren sicherzustellen. Die europäische Rechtsprechung bildet damit einen zentralen Referenzrahmen für die Auslegung der eVergabe.

Aktuelle Entwicklungen und Digitalisierung des Vergaberechts

Die eVergabe entwickelt sich dynamisch weiter. Mit der Einführung der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) wurde ein zusätzlicher Digitalisierungsschritt geschaffen, da Auftraggeber ihre Vergabeverfahren elektronisch melden müssen. Zudem wird die Einführung elektronischer Rechnungsstellung (E-Rechnung) nach § 4 ERechV für Bundesaufträge verpflichtend, was die Digitalisierung konsequent fortführt. Auch auf europäischer Ebene laufen Initiativen zur vollständigen Integration von eProcurement-Prozessen. Parallel dazu haben nationale Gesetzgeber Anpassungen vorgenommen, um den Zugang für kleine und mittlere Unternehmen zu erleichtern. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass technische Hürden, insbesondere bei komplexen Plattformen, weiterhin Probleme verursachen. Die Rechtsprechung reagiert auf diese Entwicklungen, indem sie die Anforderungen an Transparenz und Fairness verschärft. Damit wird die eVergabe nicht nur zur Pflicht, sondern auch zum Innovationsmotor des Vergaberechts, der die zukünftige Beschaffungspraxis maßgeblich prägen wird.

Fazit: eVergabe als Pflicht und Chance für Unternehmen und Auftraggeber

Die eVergabe ist heute fester Bestandteil des Vergaberechts und verbindet Digitalisierung mit rechtlicher Regulierung. Unternehmen profitieren von einem vereinfachten Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen, müssen jedoch die strengen formalen Vorgaben kennen und beachten. Auftraggeber wiederum sind verpflichtet, rechtssichere Plattformen einzusetzen und diskriminierungsfreie Verfahren zu gewährleisten. Verstöße können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen, von Nachprüfungsverfahren bis zu Schadensersatzansprüchen. Insgesamt stellt die eVergabe eine Chance dar, Verfahren transparenter, effizienter und europaweit vergleichbar zu gestalten. Zugleich erfordert sie von allen Beteiligten hohe Aufmerksamkeit für rechtliche Details. Wer erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen will, sollte daher rechtzeitig juristischen Rat einholen.

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FAQ zur eVergabe

1. Was bedeutet eVergabe im Vergaberecht?

Die eVergabe bezeichnet die verpflichtende elektronische Durchführung von Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge. Rechtsgrundlage ist § 97 Abs. 5 GWB sowie Art. 22 Richtlinie 2014/24/EU. Auftraggeber müssen ihre Verfahren vollständig digital abwickeln, einschließlich Bekanntmachung, Kommunikation und Angebotsabgabe. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Angebote nur noch über eVergabeplattformen wie den Vergabemarktplatz Bund oder evergabe.de einreichen können. Ziel der eVergabe ist es, Transparenz, Wettbewerbsgleichheit und Effizienz in der öffentlichen Beschaffung zu erhöhen. Verstöße gegen diese Pflicht können Nachprüfungsverfahren nach §§ 160 ff. GWB nach sich ziehen.


2. Welche Rechtsgrundlagen gelten für die eVergabe in Deutschland?

Die maßgeblichen Rechtsquellen sind §§ 97 ff. GWB, die Vergabeverordnung (VgV) und die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Für besondere Bereiche gelten die Sektorenverordnung (SektVO) und die Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV). Auf europäischer Ebene bestimmt Art. 22 der Richtlinie 2014/24/EU die Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation. Hinzu kommt die eIDAS-Verordnung (EU) Nr. 910/2014, die Signatur- und Identitätsanforderungen regelt. Zusammengenommen bilden diese Normen ein kohärentes System, das die elektronische Durchführung aller Vergabeverfahren vorschreibt. Wer diese Regelungen missachtet, riskiert den Ausschluss vom Verfahren oder Nachprüfungsverfahren durch Wettbewerber.


3. Ab wann ist die eVergabe verpflichtend?

Die Pflicht zur eVergabe besteht seit dem 18. Oktober 2018 für alle öffentlichen Auftraggeber in der Europäischen Union. Seit diesem Zeitpunkt müssen alle Angebote und Teilnahmeanträge oberhalb der EU-Schwellenwerte ausschließlich elektronisch eingereicht werden. In Deutschland wurde diese Pflicht durch das GWB und die VgV umgesetzt. Für Aufträge unterhalb der Schwellenwerte gilt die UVgO, die ebenfalls die elektronische Kommunikation vorsieht. Damit ist die papiergebundene Angebotsabgabe vollständig abgeschafft. Unternehmen, die weiterhin auf postalische Einreichungen setzen, riskieren zwingend den Ausschluss nach § 57 Abs. 1 VgV.


4. Welche Plattformen werden für die eVergabe genutzt?

Die eVergabe wird über zentrale Plattformen abgewickelt. Dazu gehören der Vergabemarktplatz Bund, die Landesplattformen und private Anbieter wie evergabe.de. Zudem werden EU-weite Ausschreibungen über TED (Tenders Electronic Daily) veröffentlicht. Alle Plattformen müssen die Anforderungen der VgV erfüllen, insbesondere hinsichtlich Datensicherheit, Barrierefreiheit und Transparenz. Unternehmen können dort Vergabeunterlagen herunterladen, Fragen stellen und Angebote elektronisch einreichen. Auftraggeber müssen gewährleisten, dass ihre Plattformen diskriminierungsfrei nutzbar sind. Bei technischen Problemen kann dies rechtliche Konsequenzen haben, da Bieter Anspruch auf eine gleichberechtigte Teilnahme haben (§ 97 Abs. 2 GWB).


5. Welche Pflichten haben öffentliche Auftraggeber bei der eVergabe?

Öffentliche Auftraggeber sind verpflichtet, die Kommunikation im Vergabeverfahren vollständig elektronisch zu führen (§ 9 VgV). Die Vergabeunterlagen müssen gemäß § 41 VgV kostenlos und uneingeschränkt zugänglich sein. Zudem müssen die Systeme den Schutz der Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der Daten sicherstellen. Auch Barrierefreiheit und IT-Sicherheit sind zwingend. Bei Verstößen drohen Nachprüfungsverfahren oder die Aufhebung von Vergaben. Auftraggeber tragen damit eine hohe Verantwortung, da eine fehlerhafte Plattform oder unzulässige Einschränkungen zu Schadensersatzansprüchen nach § 181 GWB führen können.


6. Welche Rechte haben Unternehmen in der eVergabe?

Unternehmen haben das Recht auf Gleichbehandlung, Transparenz und diskriminierungsfreien Zugang zu allen Verfahren (§ 97 Abs. 2 GWB). Sie können bei Verstößen Rügen erheben und Nachprüfungsverfahren nach §§ 160 ff. GWB einleiten. Zudem besteht die Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen, wenn ein Zuschlag aufgrund rechtswidriger eVergabepraktiken entgangen ist (§ 181 GWB). Der EuGH hat klargestellt, dass auch technische Hürden unzulässig sein können, wenn sie bestimmte Bieter benachteiligen. Unternehmen sollten ihre Rechte aktiv wahrnehmen und bei Problemen rechtliche Schritte einleiten, um Nachteile im Wettbewerb zu vermeiden.


7. Wie funktioniert die Angebotsabgabe bei der eVergabe?

Die Angebotsabgabe erfolgt ausschließlich über die jeweilige eVergabeplattform. Unternehmen laden ihre Unterlagen in den geforderten Dateiformaten hoch und bestätigen diese elektronisch. Je nach Vorgabe ist eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich. Fristen sind strikt einzuhalten, da verspätete Abgaben nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zwingend ausgeschlossen werden. Nach Eingang wird das Angebot elektronisch verschlüsselt und erst nach Ablauf der Frist geöffnet. Damit wird die Vertraulichkeit und Integrität des Verfahrens gewährleistet. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Systeme kompatibel sind, um eine fehlerfreie Abgabe zu gewährleisten.


8. Welche Rolle spielt die eIDAS-Verordnung bei der eVergabe?

Die eIDAS-Verordnung (EU) Nr. 910/2014 regelt die Anforderungen an elektronische Signaturen, Siegel und Identifizierungsverfahren. Für die eVergabe bedeutet dies, dass Auftraggeber qualifizierte elektronische Signaturen akzeptieren müssen, sofern sie vorgeschrieben sind. Unternehmen können ihre Angebote dadurch rechtswirksam digital unterzeichnen. Die Verordnung stellt sicher, dass elektronische Signaturen unionsweit anerkannt sind. Dies schafft Rechtssicherheit für grenzüberschreitende Ausschreibungen. Fehler bei der Anwendung der Signatur können jedoch zum Ausschluss des Angebots führen, da es dann als formunwirksam gilt. Die Einhaltung der eIDAS-Standards ist daher zwingend erforderlich.


9. Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die eVergabe-Vorgaben?

Ein Verstoß gegen die eVergabe-Regeln kann erhebliche Konsequenzen haben. Für Auftraggeber drohen Nachprüfungsverfahren nach § 160 GWB, die zur Aufhebung oder Wiederholung des Vergabeverfahrens führen können. Für Unternehmen führt eine fehlerhafte Angebotsabgabe – etwa wegen fehlender Signaturen oder verspäteter Einreichung – zum zwingenden Ausschluss (§ 57 VgV). Darüber hinaus können Schadensersatzansprüche nach § 181 GWB entstehen. Auf europäischer Ebene sichern die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG wirksamen Rechtsschutz. Verstöße gegen die eVergabe-Vorgaben gefährden daher die gesamte Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens.


10. Welche Fristen gelten in der eVergabe?

Die Fristen in der eVergabe sind in §§ 15 ff. VgV geregelt und hängen von der Verfahrensart ab. Für offene Verfahren beträgt die Angebotsfrist in der Regel mindestens 35 Tage, kann aber unter bestimmten Bedingungen verkürzt werden. Bei nicht offenen Verfahren beträgt die Mindestfrist für Teilnahmeanträge 30 Tage. Unternehmen müssen diese Fristen zwingend beachten, da verspätete Angebote automatisch ausgeschlossen werden. Elektronische Kommunikation ermöglicht zwar eine Verkürzung bestimmter Fristen, dennoch bleibt die rechtzeitige Abgabe ein entscheidender Faktor. Die Fristberechnung richtet sich nach § 187 BGB in Verbindung mit vergaberechtlichen Vorschriften.


11. Wie werden Vergabeunterlagen in der eVergabe bereitgestellt?

Gemäß § 41 VgV müssen Auftraggeber die Vergabeunterlagen kostenlos, vollständig und uneingeschränkt elektronisch zur Verfügung stellen. Dies erfolgt über die jeweilige eVergabeplattform, wo Unternehmen die Dokumente herunterladen können. Änderungen oder Ergänzungen sind ebenfalls elektronisch bereitzustellen. Der EuGH hat entschieden, dass eine unzureichende Bereitstellung die Transparenzgrundsätze verletzt (EuGH, Urteil v. 10.04.2003 – C-20/01). Unternehmen haben daher Anspruch auf vollständigen Zugang zu allen Unterlagen. Werden diese nicht rechtzeitig bereitgestellt, kann dies ein Nachprüfungsverfahren nach § 160 GWB rechtfertigen.


12. Können technische Probleme ein Nachprüfungsverfahren begründen?

Ja, technische Probleme können eine Rechtsverletzung darstellen, wenn sie einzelne Unternehmen benachteiligen. Nach § 97 Abs. 2 GWB besteht ein Anspruch auf Gleichbehandlung. Funktioniert eine eVergabeplattform fehlerhaft, sodass Angebote nicht rechtzeitig eingereicht werden können, liegt ein Verstoß vor. Bieter müssen den Fehler unverzüglich rügen (§ 160 Abs. 3 GWB), um ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Die Vergabekammern haben in der Praxis entschieden, dass Auftraggeber für die Funktionsfähigkeit ihrer Plattformen verantwortlich sind. Unternehmen sollten daher technische Probleme dokumentieren, um ihre Rechte wirksam geltend zu machen.


13. Welche Unterschiede bestehen zwischen eVergabe und UVgO?

Die eVergabe gilt sowohl für Verfahren oberhalb als auch unterhalb der EU-Schwellenwerte. Oberhalb greifen §§ 97 ff. GWB und die VgV, unterhalb die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). In beiden Fällen ist die elektronische Kommunikation verpflichtend. Unterschiede bestehen vor allem im Verfahrensrecht, da die UVgO flexiblere Regelungen vorsieht. Dennoch bleibt die Grundpflicht zur eVergabe bestehen. Auftraggeber müssen daher unabhängig vom Auftragswert rechtssicher digitale Verfahren ermöglichen. Für Unternehmen ist es wichtig, die unterschiedlichen Schwellenwerte und die jeweilige Verfahrensordnung zu kennen, um Ausschlussrisiken zu vermeiden.


14. Welche Rolle spielt TED bei der eVergabe?

TED (Tenders Electronic Daily) ist das elektronische Amtsblatt der EU für öffentliche Aufträge. Alle Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte müssen dort veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung ist zwingend, damit die Transparenz- und Wettbewerbsgrundsätze der Richtlinie 2014/24/EU erfüllt werden. Unternehmen können über TED EU-weite Ausschreibungen recherchieren und ihre Angebote vorbereiten. Auftraggeber müssen sicherstellen, dass die Veröffentlichung korrekt und rechtzeitig erfolgt. Fehler bei der Bekanntmachung können zur Unwirksamkeit des Vergabeverfahrens führen und ein Nachprüfungsverfahren begründen. TED ist damit ein zentrales Instrument der eVergabe auf europäischer Ebene.


15. Können Bieter Auskünfte in der eVergabe verlangen?

Ja, Unternehmen haben einen Anspruch auf rechtzeitige Auskünfte nach § 20 VgV. Auftraggeber sind verpflichtet, Bieterfragen unverzüglich und elektronisch zu beantworten. Diese Antworten müssen allen Interessenten gleichzeitig zugänglich gemacht werden, um den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren. Erfolgt keine rechtzeitige Beantwortung, kann dies ein Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB darstellen und ein Nachprüfungsverfahren rechtfertigen. Der Anspruch auf Auskünfte ist damit ein wesentliches Recht der Unternehmen im Rahmen der eVergabe. Verstöße können gravierende Folgen für die Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens haben.


16. Was passiert bei unzulässigen Änderungen von Vergabeunterlagen?

Wesentliche Änderungen von Vergabeunterlagen nach der Bekanntmachung sind unzulässig und führen zur Pflicht einer Neuausschreibung. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.06.2008 (C-454/06) klargestellt, dass jede wesentliche Änderung eine neue Bekanntmachung erfordert. Werden Änderungen ohne Neuausschreibung vorgenommen, liegt ein Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB vor. Unternehmen können ein Nachprüfungsverfahren nach § 160 GWB einleiten und Schadensersatz nach § 181 GWB fordern. Auftraggeber müssen daher größte Sorgfalt walten lassen, wenn sie Vergabeunterlagen anpassen.


17. Welche Konsequenzen haben verspätete Angebote in der eVergabe?

Verspätet eingereichte Angebote sind nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zwingend auszuschließen. Das gilt unabhängig von der Ursache der Verspätung. Unternehmen tragen das Risiko technischer Verzögerungen und müssen ihre Angebote daher rechtzeitig hochladen. Nur wenn die Ursache im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegt, etwa bei einem Plattformausfall, kann eine Ausnahme bestehen. Vergabekammern haben in der Praxis bestätigt, dass Fristen strikt einzuhalten sind. Unternehmen sollten daher frühzeitig mit der Angebotsabgabe beginnen, um Risiken zu vermeiden.


18. Wie wird die Vertraulichkeit der Angebote sichergestellt?

Die Vertraulichkeit der Angebote wird durch elektronische Verschlüsselung und technische Zugangsbeschränkungen gewährleistet. § 9 VgV verpflichtet Auftraggeber, Systeme zu nutzen, die die Integrität und Authentizität der Daten sichern. Angebote dürfen erst nach Ablauf der Frist geöffnet werden. Verstöße gegen diese Pflicht stellen einen Vergabeverstoß dar und können ein Nachprüfungsverfahren nach § 160 GWB begründen. Damit wird gewährleistet, dass Unternehmen auf die Sicherheit ihrer Daten vertrauen können. Die technische und rechtliche Sicherung der Vertraulichkeit ist ein zentrales Element der eVergabe.


19. Welche Möglichkeiten bestehen bei fehlerhaften Zuschlagsentscheidungen?

Unternehmen können fehlerhafte Zuschlagsentscheidungen im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens angreifen (§§ 160 ff. GWB). Sie müssen den Verstoß unverzüglich rügen und bei der Vergabekammer Antrag auf Nachprüfung stellen. Wird der Zuschlag rechtswidrig erteilt, kann die Unwirksamkeit nach § 135 GWB festgestellt werden. Dies gilt insbesondere, wenn Informationspflichten nach § 134 GWB verletzt wurden. Unternehmen haben damit effektive Rechtsschutzmöglichkeiten, um sich gegen unzulässige Zuschläge zu wehren. Der EuGH hat betont, dass Mitgliedstaaten wirksame Rechtsbehelfe bereitstellen müssen, um den Rechtsschutz sicherzustellen.


20. Welche Vorteile bietet die eVergabe für Unternehmen?

Die eVergabe bietet zahlreiche Vorteile, darunter eine vereinfachte Recherche von Ausschreibungen, schnelleren Zugang zu Unterlagen und geringere Kosten für die Angebotsabgabe. Unternehmen können bundes- und europaweit auf Ausschreibungen zugreifen, ohne Reisekosten oder aufwändige Papierunterlagen. Zudem erhöht die elektronische Kommunikation die Transparenz und Vergleichbarkeit. Voraussetzung bleibt jedoch die strikte Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Wer diese beachtet, profitiert von einem effizienteren Wettbewerb und besseren Marktchancen. Die eVergabe ist damit nicht nur Pflicht, sondern auch Chance für Unternehmen im öffentlichen Beschaffungswesen.