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Bauwerksdatenmodellierung im Vergaberecht verstehen.

Bedeutung der Bauwerksdatenmodellierung im öffentlichen Beschaffungswesen

Die Bauwerksdatenmodellierung gewinnt im öffentlichen Vergabewesen stetig an strategischer Relevanz. Sie steht für die digitale Transformation des Bau- und Planungssektors, indem sie Planung, Ausführung und Bewirtschaftung eines Bauwerks in einem intelligenten Datenmodell vereint. Im juristischen Kontext betrifft sie unmittelbar die Vergabe öffentlicher Bau- und Planungsaufträge. Öffentliche Auftraggeber sind nach § 97 Abs. 1 GWB verpflichtet, Aufträge im Wettbewerb und unter Wahrung der Transparenz zu vergeben. Diese Norm bildet die verfassungsähnliche Grundlage aller Vergabevorgänge. Der Einsatz der Bauwerksdatenmodellierung darf deshalb die Grundsätze der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung (§ 97 Abs. 2 GWB) nicht verletzen. Gerade weil BIM-Methoden häufig auf spezifische Softwarelösungen verweisen, ist die Beachtung des technischen Neutralitätsgebots von zentraler Bedeutung. Auftraggeber müssen deshalb die Leistungsbeschreibung so gestalten, dass der Zugang zum Wettbewerb für alle Bieter gewährleistet bleibt.

Vergaberechtlicher Rahmen für die Bauwerksdatenmodellierung nach GWB und VgV

Der rechtliche Rahmen für die Bauwerksdatenmodellierung im Vergabeverfahren ergibt sich aus dem vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 ff. GWB) sowie der Vergabeverordnung (VgV). Nach § 103 Abs. 3 GWB sind Bauaufträge Verträge über die Ausführung oder gleichzeitige Planung und Ausführung von Bauleistungen. Wird die Bauwerksdatenmodellierung als Bestandteil der Planungs- oder Ausführungsleistung gefordert, ist sie demnach Teil des Bauauftrags. Über den Anwendungsbereich der VgV entscheidet der Auftragswert in Relation zu den Schwellenwerten der Richtlinie 2014/24/EU. Oberhalb dieser Werte gelten die Vergabevorschriften zwingend. Die Bauwerksdatenmodellierung ist dann nach den Grundsätzen der Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit zu beschreiben. Auftraggeber dürfen keine unzulässige Marktbeschränkung vornehmen. Zudem sind § 121 GWB zur Dokumentation und § 122 GWB zur Eignung der Unternehmen zu beachten, wenn BIM-bezogene Anforderungen erhoben werden.

Einbindung der Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU in den BIM-Vergabekontext

Die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe legt im Artikel 18 Absatz 1 den Grundsatz fest, dass öffentliche Aufträge unter Wahrung der Transparenz und des Wettbewerbs zu vergeben sind. Artikel 42 betont die technischen Spezifikationen, die in Bezug auf Leistungs- oder Funktionsanforderungen zu formulieren sind. Diese Regelungen sind entscheidend für die Bauwerksdatenmodellierung, da BIM-Vorgaben regelmäßig technische Anforderungen darstellen. Die Richtlinie 2014/25/EU für Sektorenauftraggeber erweitert diesen Anwendungsbereich. Beide Richtlinien verlangen, dass technische Anforderungen so formuliert werden, dass gleichwertige Lösungen zugelassen bleiben. Auftraggeber dürfen daher keine Softwaremonopole schaffen. Artikel 60 der Richtlinie 2014/24/EU verpflichtet außerdem zur Überprüfung der Eignungskriterien, was für BIM-Projekte besonders relevant ist, da hier komplexe technische und organisatorische Kompetenzen erforderlich sind. Damit ist die europäische Ebene unmittelbar mit den nationalen Vorschriften verzahnt.

Anwendungsbereich der UVgO und der VOB/A bei BIM-Leistungen

Unterhalb der EU-Schwellenwerte regelt die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) die Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen. Sie gilt für BIM-bezogene Planungs- oder Beratungsleistungen, wenn diese nicht unter die Bauvergabeverordnung fallen. Die VOB/A regelt hingegen die Vergabe von Bauleistungen. Nach § 1 VOB/A umfasst sie sämtliche Bauleistungen einschließlich vorbereitender Tätigkeiten. Wird die Bauwerksdatenmodellierung als verbindlicher Bestandteil der Bauausführung vorgeschrieben, sind die Vorschriften der VOB/A maßgeblich. § 11a VOB/A verlangt, dass elektronische Mittel allgemein verfügbar und diskriminierungsfrei sind. Eine verpflichtende Nutzung bestimmter BIM-Software kann daher unzulässig sein, sofern sie den Wettbewerb verzerrt. Auftraggeber müssen entweder neutrale Datenformate (z. B. IFC-Modelle) zulassen oder alternative technische Lösungen ermöglichen. Nur so bleibt die Ausschreibung rechtssicher und die Gleichbehandlung gewahrt.

Bauwerksdatenmodellierung als technischer Leistungsbestandteil

Juristisch betrachtet ist die Bauwerksdatenmodellierung eine Leistungsanforderung, die technisch-funktionale Vorgaben mit prozessualen Pflichten verbindet. Sie betrifft sowohl die Planungsphase (z. B. Architekten- und Ingenieurleistungen) als auch die Bauausführung. Nach § 12 Abs. 2 VgV dürfen technische Spezifikationen durch Verweis auf Normen oder Leistungsmerkmale beschrieben werden, solange dadurch der Wettbewerb nicht behindert wird. Das bedeutet: Wenn Auftraggeber die Nutzung bestimmter BIM-Standards vorschreiben, müssen sie eine gleichwertige Lösung zulassen. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor. Der EuGH hat in der Rechtssache C-45/87 klargestellt, dass technische Spezifikationen neutral zu formulieren sind. Für die Bauwerksdatenmodellierung bedeutet dies, dass Auftraggeber den Fokus auf die Funktion des Modells, nicht auf konkrete Softwareprodukte, legen müssen. Nur so wird der Grundsatz der Technologieoffenheit gewahrt.

Leistungsbeschreibung und Datenanforderungen in BIM-Vergaben

Die Leistungsbeschreibung ist das juristische Herzstück eines Vergabeverfahrens. Nach § 121 GWB und § 7 VgV muss sie eindeutig und vollständig sein. Bei BIM-Projekten gilt dies in besonderem Maße, da die Bauwerksdatenmodellierung komplexe technische, organisatorische und kommunikative Anforderungen vereint. Auftraggeber müssen präzise festlegen, welche Informations- und Datenstandards gelten, welche Modelle zu erstellen sind und in welchem Format die Daten übergeben werden. Gleichzeitig dürfen sie den Wettbewerb nicht einschränken, indem sie proprietäre Software verlangen. § 12 Abs. 2 Satz 2 VgV verpflichtet öffentliche Auftraggeber, gleichwertige Lösungen zuzulassen. Wird diese Pflicht verletzt, drohen Nachprüfungsverfahren. Unternehmen sollten bei unklaren Vorgaben vor Angebotsabgabe eine Bieterfrage stellen, um spätere Ausschlussrisiken zu vermeiden. So lassen sich Auslegungsstreitigkeiten rechtzeitig verhindern.

Eignungskriterien und BIM-bezogene Zuschlagsfaktoren

Nach § 122 GWB dürfen Auftraggeber Eignungskriterien nur in Bezug auf den Auftragsgegenstand aufstellen. In BIM-Projekten betrifft dies typischerweise die Erfahrung mit der Methode, technische Ausrüstung und personelle Kapazitäten. Eine pauschale Forderung nach „BIM-Erfahrung“ genügt nicht, wenn sie keinen klaren Bezug zur ausgeschriebenen Leistung aufweist. Eignungsanforderungen müssen objektiv überprüfbar sein. Zuschlagskriterien gemäß § 127 GWB und § 58 VgV können hingegen qualitative Aspekte des BIM-Managements bewerten, etwa die Effizienz der Datenkoordination oder die Qualität der Modellstruktur. Auch Nachhaltigkeitskriterien dürfen einbezogen werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang stehen. Die Gewichtung dieser Kriterien muss im Vergabevermerk dokumentiert werden. Nachprüfungsinstanzen prüfen regelmäßig, ob die Wertung sachgerecht und nicht willkürlich erfolgte. Damit trägt die Eignungsprüfung wesentlich zur Rechtssicherheit bei.

Dokumentationspflicht und Transparenzanforderungen bei BIM-Vergaben

Die Vergabedokumentation nach § 8 VgV und § 30 UVgO ist für BIM-Projekte besonders bedeutsam. Da Bauwerksdatenmodellierung eine Vielzahl technischer Entscheidungen umfasst, müssen Auftraggeber sämtliche wesentlichen Erwägungen nachvollziehbar festhalten. Dazu zählen die Auswahl des Verfahrens, die Definition der Leistungsanforderungen, die Festlegung der Eignungskriterien sowie die Begründung der Zuschlagsentscheidung. Eine lückenhafte Dokumentation kann zu Nachprüfungsverfahren nach § 160 GWB führen. Transparenzpflichten gelten auch im Rahmen der elektronischen Kommunikation (§ 10a VOB/A). Vergabestellen sollten die digitalen Modelle und zugehörigen Metadaten revisionssicher speichern. Für Unternehmen empfiehlt sich, alle Änderungen und Datenübergaben fortlaufend zu dokumentieren, um Nachweissicherheit zu schaffen. Damit lässt sich im Streitfall der Ablauf der Kommunikation und Koordination nachvollziehen.

Praxis der Ausschreibungsanalyse für Unternehmen

Unternehmen, die an einem BIM-Vergabeverfahren teilnehmen, sollten die Vergabeunterlagen mit juristischer und technischer Sorgfalt analysieren. Zunächst gilt es zu prüfen, ob die Bauwerksdatenmodellierung als verpflichtendes oder optionales Element definiert ist. Maßgeblich ist die Formulierung der Leistungsbeschreibung. Unklare oder einseitig festgelegte BIM-Anforderungen können vergaberechtswidrig sein. Unternehmen sollten daher Fristen für Bieterfragen (§ 20 VgV) nutzen, um Klarheit über die verlangten Standards, Dateiformate und Koordinationspflichten zu gewinnen. Bei der Angebotsabgabe ist auf formelle Vollständigkeit zu achten, insbesondere im Hinblick auf elektronische Signaturen und Übermittlungswege. Ein Verstoß gegen § 53 VgV oder § 13 VOB/A kann zum Ausschluss führen. Praktisch empfiehlt es sich, interne BIM-Kompetenzen nachweisbar zu dokumentieren, um den Eignungsnachweis zu stärken.

Typische Fehlerquellen bei der Angebotsabgabe in BIM-Verfahren

Fehler bei der Angebotsabgabe sind häufige Ursachen für den Ausschluss vom Vergabeverfahren. Besonders in BIM-Verfahren treten typische Fehler auf, weil digitale Modelle und Datenformate einzureichen sind. Häufige Probleme betreffen unvollständige Unterlagen, nicht kompatible Dateiformate oder verspätete Uploads. Juristisch relevant ist § 57 VgV, wonach Angebote ausgeschlossen werden müssen, wenn sie den Vergabeunterlagen nicht entsprechen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass ihre Datenmodelle exakt den geforderten Standards entsprechen. Ein weiterer Fehler besteht darin, die Fristberechnung falsch vorzunehmen. Nach § 20 Abs. 2 VgV beginnt die Frist mit der Veröffentlichung der Bekanntmachung. Feiertage und Wochenenden sind nach § 187 BGB zu berücksichtigen. Wer Fristen nicht beachtet, verliert seine Teilnahmemöglichkeit. Deshalb sollte die Angebotsabgabe stets mindestens einen Werktag vor Ablauf vorbereitet werden.

Pflichten der Vergabestellen beim Einsatz der Bauwerksdatenmodellierung

Vergabestellen, die BIM-Leistungen ausschreiben, tragen eine erhöhte Verantwortung für die Einhaltung des Vergaberechts. Sie müssen sicherstellen, dass technische Anforderungen verhältnismäßig, marktoffen und diskriminierungsfrei sind. § 12 Abs. 1 VgV verlangt, dass technische Spezifikationen allen Bietern offenstehen. Wird die Nutzung bestimmter Software oder Datenplattform verlangt, ist zu prüfen, ob gleichwertige Alternativen zugelassen werden. Zudem besteht eine Pflicht zur Veröffentlichung der Ausschreibung auf bund.de oder in den einschlägigen EU-Datenbanken (§ 37 VgV). Die Unterlagen müssen vollständig, klar und verständlich sein. Nachprüfungsverfahren zeigen regelmäßig, dass fehlerhafte oder widersprüchliche BIM-Vorgaben zu Verfahrensfehlern führen. Eine sorgfältige Vorbereitung unter Einbeziehung technischer und juristischer Expertise ist daher unabdingbar.

Markterkundung und Verhältnismäßigkeitsprüfung vor BIM-Ausschreibungen

Vor dem Start eines BIM-Vergabeverfahrens empfiehlt sich nach § 28 VgV eine Markterkundung. Diese dient dazu, den Stand der Technik und die Verfügbarkeit geeigneter Anbieter zu prüfen. Auftraggeber können so feststellen, ob die geforderten BIM-Standards marktüblich sind. Eine unzureichende Markterkundung kann zu unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen führen. Verhältnismäßigkeit ist nach § 97 Abs. 1 GWB ein zentrales Prinzip. Wenn etwa die verpflichtende Nutzung eines spezifischen Datenformats für kleine Unternehmen eine unzumutbare Belastung bedeutet, wäre diese Vorgabe unverhältnismäßig. Eine sorgfältige Verhältnismäßigkeitsprüfung schützt daher vor Beanstandungen durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte. Für Unternehmen bietet eine transparente Markterkundung Planungssicherheit und erleichtert die Angebotsvorbereitung.

Elektronische Kommunikation und Datensicherheit im BIM-Verfahren

Mit der Bauwerksdatenmodellierung gehen erhöhte Anforderungen an die elektronische Kommunikation einher. § 10 VgV schreibt die Nutzung elektronischer Mittel vor. Bei Bauleistungen regelt § 11a VOB/A, dass die eingesetzten Kommunikationsmittel allgemein verfügbar sein müssen. Sicherheitsstandards, Datenintegrität und Zugriffsbeschränkungen sind wesentliche Bestandteile des Verfahrens. Vergabestellen müssen sicherstellen, dass Datenplattformen die Anforderungen der DSGVO erfüllen. Anbieter wiederum müssen garantieren, dass ihre Modelle keine Schadsoftware oder manipulierbare Inhalte enthalten. Nach § 24 VgV können Auftraggeber zusätzliche Sicherheitsnachweise verlangen, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. Die Dokumentation der Datenübertragungen dient später als Beweisgrundlage bei eventuellen Streitigkeiten über Leistungsabweichungen oder Verzögerungen.

Nachprüfungsverfahren und Rechtsschutz bei BIM-Vergaben

Unternehmen, die sich durch BIM-bezogene Vergabebedingungen benachteiligt fühlen, können nach §§ 160 ff. GWB ein Nachprüfungsverfahren anstrengen. Voraussetzung ist, dass ein Verstoß gegen Vergabevorschriften vorliegt und dieser den Bieter in seinen Rechten verletzt. Häufige Streitpunkte betreffen die unzulässige Beschränkung auf bestimmte Software, unklare Datenanforderungen oder fehlerhafte Zuschlagswertungen. Die Vergabekammer kann gemäß § 168 GWB den Auftraggeber verpflichten, das Verfahren zu wiederholen oder zu berichtigen. Gegen ihre Entscheidung ist nach § 171 GWB die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht zulässig. In der Rechtsprechung wird betont, dass Auftraggeber ihre technischen Anforderungen stets sachlich begründen müssen. Für Unternehmen empfiehlt sich eine frühzeitige rechtliche Beratung, um Erfolgsaussichten und Fristen korrekt einzuschätzen.

Vertragsgestaltung und Verantwortlichkeiten im BIM-Projekt

Nach Zuschlag muss der Vertrag klare Regelungen zur Verantwortungsverteilung im BIM-Prozess enthalten. Typisch sind sogenannte „BIM-Besondere Vertragsbedingungen“, die Aufgaben, Schnittstellen und Haftungsfragen regeln. Nach § 313 BGB können Anpassungen erforderlich werden, wenn sich die Datengrundlage wesentlich verändert. Auftraggeber sollten sicherstellen, dass die Eigentums- und Nutzungsrechte an den digitalen Modellen eindeutig geregelt sind. Eine klare Zuordnung verhindert Streitigkeiten über Urheber- oder Verwertungsrechte. Ebenso sollten Haftungsklauseln präzise festlegen, wer für Fehler im Modell haftet. Aus Sicht der Unternehmen ist es ratsam, Verantwortlichkeiten und Kontrollpflichten intern zu dokumentieren, um späteren Beweisschwierigkeiten vorzubeugen. Eine transparente Vertragsstruktur erhöht die Rechtssicherheit und schützt beide Seiten vor kostenintensiven Nachträgen.

Lebenszyklusorientierte Beschaffung und Nachhaltigkeitsaspekte

Die Bauwerksdatenmodellierung eröffnet Auftraggebern die Möglichkeit, Bauprojekte über den gesamten Lebenszyklus zu optimieren. Artikel 68 der Richtlinie 2014/24/EU erlaubt die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten im Vergabeverfahren. Diese Vorschrift wird in § 59 VgV umgesetzt. BIM ermöglicht es, Lebenszykluskosten präzise zu simulieren und in die Zuschlagsentscheidung einzubeziehen. Öffentliche Auftraggeber können dadurch wirtschaftliche und ökologische Ziele miteinander verbinden. Gleichzeitig müssen die Kriterien objektiv und nachvollziehbar bleiben. Eine übermäßige Gewichtung kann gegen § 127 GWB verstoßen. Für Unternehmen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, Kostendaten und Nachhaltigkeitskennzahlen bereits im Angebotsprozess detailliert aufzubereiten. So lassen sich qualitative Mehrwerte transparent belegen und Wettbewerbsvorteile sichern.

Rechtsprechung zur technischen Spezifikation und Gleichwertigkeit

Die Rechtsprechung hat wiederholt klargestellt, dass technische Anforderungen in Vergabeverfahren neutral zu formulieren sind. Der Bundesgerichtshof betont, dass die Forderung nach einem bestimmten Produkt nur zulässig ist, wenn keine gleichwertige Lösung existiert (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2003 – X ZR 119/01). In mehreren Entscheidungen der Vergabekammern wurde festgestellt, dass die Beschränkung auf eine einzelne BIM-Software gegen § 12 VgV verstößt, wenn alternative Systeme vergleichbare Ergebnisse liefern. Auch der EuGH fordert in ständiger Rechtsprechung, dass öffentliche Auftraggeber technologische Offenheit wahren müssen. Diese Linie sichert den Wettbewerb und ermöglicht Innovation. Im Bereich der Bauwerksdatenmodellierung ist daher stets zu prüfen, ob eine sachliche Rechtfertigung für spezifische Softwarevorgaben besteht.

Haftung und Beweislast bei digitalen Modellen

Die Digitalisierung des Bauprozesses führt zu neuen haftungsrechtlichen Fragen. Wenn Planungs- oder Baufehler auf fehlerhafte BIM-Modelle zurückzuführen sind, stellt sich die Beweislastfrage. Grundsätzlich trägt der Auftragnehmer die Verantwortung für die Richtigkeit seiner Leistung (§ 633 BGB). Allerdings kann die gemeinsame Nutzung des Modells zu Mitverantwortlichkeiten führen. Vertraglich sollte daher geregelt sein, wer welche Daten pflegt, aktualisiert und validiert. Im Streitfall sind revisionssichere Protokolle entscheidend. Sie dienen als Beleg dafür, wann Änderungen vorgenommen wurden. Öffentliche Auftraggeber sollten daher klare Ablagestrukturen und Zugriffsbeschränkungen vorgeben. So lassen sich Haftungsrisiken und Schadensersatzforderungen minimieren.

Zukunft der Bauwerksdatenmodellierung im Vergaberecht

Die Bauwerksdatenmodellierung entwickelt sich zunehmend zum Standard im öffentlichen Beschaffungswesen. Künftige Novellen des Vergaberechts werden voraussichtlich noch stärker auf digitale Beschaffungsprozesse ausgerichtet sein. Bereits heute zeigen Pilotprojekte, dass BIM-Vorgaben die Effizienz und Nachvollziehbarkeit von Bauprojekten verbessern. Für Vergabestellen bedeutet dies jedoch, ihre Verfahren juristisch, technisch und organisatorisch weiterzuentwickeln. Der rechtliche Rahmen bleibt anspruchsvoll, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung des Wettbewerbs und den Datenschutz. Unternehmen, die frühzeitig BIM-Kompetenzen aufbauen, verschaffen sich deutliche Vorteile bei öffentlichen Ausschreibungen. Rechtssichere Bauwerksdatenmodellierung wird somit zum strategischen Faktor für die Zukunftsfähigkeit des Bauwesens.

Fazit: Rechtssichere Bauwerksdatenmodellierung als Vergabeinstrument

Die Bauwerksdatenmodellierung verbindet technische Innovation mit rechtlicher Komplexität. Öffentliche Auftraggeber müssen sicherstellen, dass ihre Ausschreibungen den Vorgaben des GWB, der VgV, der UVgO und der VOB/A entsprechen. Unternehmen sollten ihre Angebote sorgfältig prüfen, um Ausschlussrisiken zu vermeiden. Im Ergebnis zeigt sich, dass die rechtssichere Umsetzung von BIM-Projekten nur durch eine enge Verzahnung von Vergaberecht, Technik und Vertragsmanagement gelingt. Wer die juristischen Spielräume kennt, kann die Chancen der digitalen Transformation nutzen und gleichzeitig Rechtsrisiken minimieren.

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FAQ zu Bauwerksdatenmodellierung

Was bedeutet Bauwerksdatenmodellierung im rechtlichen Sinn?

Bauwerksdatenmodellierung bezeichnet eine digitale Methode, bei der sämtliche relevanten Informationen eines Bauwerks – von der Planung bis zur Nutzung – in einem gemeinsamen Datenmodell zusammengeführt werden. Juristisch stellt sie eine Leistungsanforderung im Sinne des § 103 Abs. 3 GWB dar, wenn sie Bestandteil der Bauausführung oder Planung ist. Die Methode dient nicht nur der Visualisierung, sondern der strukturierten Datenverwaltung. Im Vergaberecht wird sie dann relevant, wenn Auftraggeber ihre Nutzung verpflichtend vorschreiben. Dabei sind die Prinzipien der Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerbsneutralität gemäß § 97 GWB zwingend zu beachten. Der rechtliche Rahmen verpflichtet Auftraggeber dazu, gleichwertige Lösungen zuzulassen (§ 12 Abs. 2 VgV). Damit verbindet die Bauwerksdatenmodellierung technologische Innovation mit einer rechtlich sensiblen Verantwortung im Beschaffungsprozess.


Welche Vorschriften des GWB gelten für die Bauwerksdatenmodellierung?

Die zentralen Vorschriften finden sich im vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 bis 184 GWB). § 97 GWB formuliert die allgemeinen Grundsätze der öffentlichen Auftragsvergabe, insbesondere die Gewährleistung von Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung. § 103 Abs. 3 GWB definiert den Begriff des Bauauftrags, der regelmäßig Leistungen der Bauwerksdatenmodellierung umfasst. Darüber hinaus sind § 121 GWB (Dokumentationspflichten) und § 122 GWB (Eignungskriterien) besonders relevant. Wenn BIM-Leistungen Bestandteil des Auftrags sind, dürfen diese nur gefordert werden, sofern sie in direktem Zusammenhang mit dem Beschaffungsgegenstand stehen. Schließlich regelt § 127 GWB die Zuschlagskriterien, die auch qualitative BIM-Aspekte – etwa Datenqualität oder Modellintegration – einbeziehen dürfen. Verstöße können nach §§ 160 ff. GWB im Nachprüfungsverfahren überprüft werden.


Wie wirkt sich die Richtlinie 2014/24/EU auf BIM-Vergaben aus?

Die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe bildet die europäische Grundlage für das deutsche Vergaberecht. Artikel 42 verpflichtet Auftraggeber, technische Spezifikationen so zu formulieren, dass der Wettbewerb nicht behindert wird. Für die Bauwerksdatenmodellierung bedeutet das: Eine Vorgabe bestimmter Software ist nur zulässig, wenn keine gleichwertigen Alternativen existieren. Artikel 18 Abs. 1 enthält zudem die Grundprinzipien der Transparenz und Nichtdiskriminierung. Artikel 58 regelt Eignungskriterien, die BIM-bezogene Anforderungen nur dann rechtfertigen, wenn sie objektiv überprüfbar und verhältnismäßig sind. Diese Richtlinienvorgaben sind über §§ 97 ff. GWB und die VgV in nationales Recht umgesetzt. Damit wird die Bauwerksdatenmodellierung als integraler Bestandteil der digitalen Vergabe in den europäischen Rechtsrahmen eingebettet und rechtlich harmonisiert.


Wann findet die VgV auf BIM-Projekte Anwendung?

Die Vergabeverordnung (VgV) gilt für öffentliche Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte. Sobald die Bauwerksdatenmodellierung als Bestandteil einer Bau- oder Planungsleistung in diesem Wertbereich liegt, sind die §§ 1 ff. VgV einschlägig. Besonders relevant sind § 12 VgV (technische Spezifikationen), § 20 VgV (Fristen) und § 58 VgV (Zuschlagskriterien). Öffentliche Auftraggeber müssen sicherstellen, dass BIM-Anforderungen transparent, verhältnismäßig und diskriminierungsfrei sind. Der Nachweis gleichwertiger technischer Lösungen darf nicht ausgeschlossen werden. Wird die Bauwerksdatenmodellierung verpflichtend gefordert, ist zudem zu prüfen, ob der Umfang den Auftragsgegenstand sachlich rechtfertigt. Fehlerhafte Anwendung der VgV kann zur Anfechtung nach § 160 GWB führen. Damit ist die VgV das maßgebliche Regelwerk für alle größeren BIM-basierten Ausschreibungen im öffentlichen Bereich.


Welche Bedeutung hat die UVgO bei kleineren BIM-Aufträgen?

Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) regelt die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte. Für Bauwerksdatenmodellierung ist sie relevant, wenn etwa Beratungs- oder Planungsleistungen vergeben werden, deren Auftragswert diese Schwellen nicht überschreitet. § 7 UVgO verlangt, dass die Leistungsbeschreibung eindeutig, vollständig und nicht diskriminierend erfolgt. Auch hier gilt das Gebot der technologischen Neutralität. Auftraggeber dürfen keine bestimmte Software bevorzugen, sofern gleichwertige Lösungen existieren. Zudem ist § 30 UVgO zur Dokumentation zu beachten. Unternehmen profitieren davon, dass die UVgO flexiblere Verfahren erlaubt, etwa beschränkte Ausschreibungen mit Teilnahmewettbewerb. Gleichwohl gelten die Grundprinzipien des GWB – Transparenz, Wettbewerb, Gleichbehandlung – auch im Unterschwellenbereich uneingeschränkt.


Wie verhält sich die Bauwerksdatenmodellierung zur VOB/A?

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A), ist für Bauaufträge maßgeblich. Wird die Bauwerksdatenmodellierung als technischer Bestandteil einer Bauleistung vorgeschrieben, gelten ihre Regelungen unmittelbar. § 11a VOB/A verpflichtet Auftraggeber, elektronische Kommunikationsmittel zu verwenden, die allgemein zugänglich und diskriminierungsfrei sind. Damit dürfen BIM-Anforderungen keine proprietären Hürden schaffen. § 7 VOB/A verlangt eine eindeutige Leistungsbeschreibung, die auch Modellierungs- und Datenaustauschanforderungen umfassen kann. Fehlerhafte Formulierungen führen häufig zu Nachprüfungen. Bauwerksdatenmodellierung im Sinne der VOB/A bedeutet somit die digitale Erweiterung klassischer Bauleistungen – allerdings stets unter Wahrung der vergaberechtlichen Gleichbehandlung. Auftraggeber und Unternehmen sollten daher die BIM-Vorgaben eng an die allgemeinen Bauvergaberegeln anlehnen.


Welche Rolle spielt § 12 VgV für technische BIM-Anforderungen?

§ 12 VgV regelt die Formulierung technischer Spezifikationen und ist zentral für die rechtssichere Anwendung der Bauwerksdatenmodellierung. Auftraggeber dürfen Anforderungen entweder als Leistungs- oder Funktionsanforderung definieren. Entscheidend ist, dass gleichwertige Lösungen zugelassen werden. Wenn also eine bestimmte BIM-Software oder ein Datenformat gefordert wird, muss zugleich die Möglichkeit bestehen, eine funktional gleichwertige Alternative anzubieten. Der Grundsatz folgt aus Art. 42 Abs. 4 Richtlinie 2014/24/EU. Ein Verstoß gegen § 12 VgV führt zur Verletzung des Wettbewerbsgrundsatzes (§ 97 Abs. 2 GWB) und kann ein Nachprüfungsverfahren auslösen. In der Praxis sollten Auftraggeber deshalb immer auf neutral formulierte Spezifikationen achten, die sich an objektiven Leistungsmerkmalen orientieren, nicht an konkreten Produkten oder Marken.


Wie sind Eignungs- und Zuschlagskriterien bei BIM-Vergaben zu gestalten?

Eignungs- und Zuschlagskriterien müssen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen (§ 122 Abs. 4 GWB). Für die Bauwerksdatenmodellierung bedeutet das, dass Anforderungen an BIM-Erfahrung oder Softwarekenntnisse nur zulässig sind, wenn sie für die Leistungserbringung erforderlich sind. Zuschlagskriterien nach § 127 GWB dürfen qualitative Merkmale wie die Datenqualität, Schnittstellenfähigkeit oder Koordinationsmethodik bewerten. Die Gewichtung muss im Vergabevermerk dokumentiert werden. Eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist zu vermeiden. Fehler in der Bewertung können zur Aufhebung des Verfahrens führen (§ 168 GWB). Auftraggeber sollten zudem sicherstellen, dass die Bewertungsmethodik transparent und nachvollziehbar ist, um Anfechtungen zu vermeiden.


Welche Bedeutung hat die Dokumentation im BIM-Vergabeverfahren?

Nach § 8 VgV und § 30 UVgO müssen Auftraggeber alle wesentlichen Entscheidungen dokumentieren. Bei BIM-Projekten umfasst dies insbesondere die Begründung der technischen Spezifikationen, die Eignungskriterien, die Zuschlagsentscheidung sowie die Kommunikation mit den Bietern. Die Dokumentation dient der Nachvollziehbarkeit und ist Grundlage für etwaige Nachprüfungsverfahren. Fehlt sie oder ist sie unvollständig, liegt ein schwerer Vergabeverstoß vor. Auch Unternehmen sollten ihre eigenen Schritte sorgfältig dokumentieren, etwa die Übermittlung von Modellen oder Klärungsanfragen. Diese Belege sichern im Streitfall den Nachweis der ordnungsgemäßen Angebotsabgabe. Eine lückenlose Dokumentation ist daher nicht nur rechtlich geboten, sondern auch wirtschaftlich klug.


Wie lesen Unternehmen Ausschreibungsunterlagen mit BIM-Bezug richtig?

Unternehmen sollten bei der Analyse von BIM-Ausschreibungen strukturiert vorgehen. Zunächst ist zu prüfen, ob die Bauwerksdatenmodellierung verpflichtend oder optional ist. Maßgeblich ist die Leistungsbeschreibung, insbesondere Angaben zu Datenformaten, Schnittstellen und Modellierungsstandards. Anschließend müssen die Fristen und elektronischen Übermittlungswege beachtet werden (§ 20 VgV, § 10a VOB/A). Häufig enthalten BIM-Unterlagen zusätzliche Anhänge, wie Informationsanforderungs-Modelle (AIA) oder Austauschstandards (BAP). Diese sind verbindlich und müssen inhaltlich erfüllt werden. Eine unvollständige oder missverständliche Umsetzung kann nach § 57 VgV zum Ausschluss führen. Empfehlenswert ist die frühzeitige Klärung offener Punkte über Bieterfragen. Nur wer die Unterlagen vollständig versteht, kann ein rechtssicheres Angebot abgeben.


Wie werden Fristen bei BIM-Ausschreibungen berechnet?

Fristen richten sich nach § 20 VgV und den §§ 186 ff. BGB. Die Angebotsfrist beginnt grundsätzlich mit der Veröffentlichung der Bekanntmachung. Bei komplexen BIM-Projekten kann die Frist verlängert werden, wenn umfangreiche technische Unterlagen bereitzustellen sind. Der Auftraggeber muss ausreichend Zeit für die Erstellung der Modelle und Nachweise gewähren. Wird eine Fristverkürzung vorgenommen, ist sie zu begründen (§ 20 Abs. 3 VgV). Für elektronische Einreichungen gilt der Zeitpunkt des Eingangs auf der Vergabeplattform. Ein verspäteter Upload führt automatisch zum Ausschluss (§ 57 VgV). Unternehmen sollten daher Pufferzeiten einplanen, insbesondere bei großen Datenmengen. Eine präzise Fristenkontrolle ist ein wesentlicher Bestandteil der rechtssicheren Angebotsabgabe.


Wie geben Unternehmen ein rechtssicheres Angebot im BIM-Verfahren ab?

Ein rechtssicheres Angebot muss vollständig, fristgerecht und formgerecht eingereicht werden. Alle geforderten Erklärungen, Preisblätter und Modelle sind beizufügen. Die Bauwerksdatenmodellierung erfordert oft zusätzliche technische Nachweise über Software-Kompatibilität oder Projektorganisation. Nach § 53 VgV ist die elektronische Angebotsabgabe verpflichtend, meist über E-Vergabeplattformen. Unterschriften sind durch qualifizierte elektronische Signaturen zu ersetzen. Änderungen oder Nachreichungen nach Ablauf der Frist sind unzulässig (§ 57 VgV). Unternehmen sollten interne Checklisten verwenden und die Datenübertragung dokumentieren. Nur wer alle Formalien erfüllt und die Leistungsbeschreibung vollständig umsetzt, wahrt seinen Anspruch auf faire Wertung.


Welche Pflichten treffen Vergabestellen bei der Nutzung von bund.de?

Vergabestellen sind verpflichtet, Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte auf bund.de zu veröffentlichen (§ 37 VgV). Dabei müssen alle wesentlichen Informationen enthalten sein: Auftragsgegenstand, Fristen, Zuschlagskriterien und gegebenenfalls technische BIM-Vorgaben. Eine unvollständige oder verspätete Veröffentlichung stellt einen Verfahrensfehler dar. Änderungen oder Berichtigungen sind nach denselben Formvorschriften zu veröffentlichen. Darüber hinaus müssen die Vergabeunterlagen zeitgleich digital zugänglich gemacht werden (§ 41 VgV). Der Zugriff darf nicht beschränkt werden. Für Vergabestellen bedeutet dies, dass sie die Veröffentlichungspflichten besonders sorgfältig einhalten müssen. Fehlerhafte Veröffentlichungen können zur Aufhebung des Verfahrens führen oder Nachprüfungsverfahren nach sich ziehen.


Welche Bedeutung hat die Markterkundung vor BIM-Ausschreibungen?

§ 28 VgV erlaubt Auftraggebern, vor einer Ausschreibung den Markt zu sondieren, um den Stand der Technik zu ermitteln. Bei BIM-Projekten ist dies besonders wichtig, da sich technische Standards dynamisch entwickeln. Eine Markterkundung hilft, unverhältnismäßige Anforderungen zu vermeiden und die Wettbewerbsoffenheit sicherzustellen. Auftraggeber dürfen jedoch keine unzulässigen Vorabinformationen geben, die einzelne Anbieter bevorzugen. Alle Erkenntnisse sind zu dokumentieren. Wird keine Markterkundung durchgeführt, obwohl der Markt unklar ist, kann dies im Nachprüfungsverfahren als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 97 Abs. 1 GWB) gewertet werden. In der Praxis ermöglicht die Markterkundung realistische und rechtssichere BIM-Vorgaben.


Wie funktioniert der Rechtsschutz nach §§ 160 ff. GWB bei BIM-Vergaben?

Unternehmen, die sich durch eine BIM-bezogene Ausschreibung benachteiligt fühlen, können ein Nachprüfungsverfahren einleiten (§ 160 GWB). Voraussetzung ist, dass ein Vergabeverstoß vorliegt, der den Bieter in seinen Rechten verletzt. Die Rüge muss unverzüglich erfolgen (§ 160 Abs. 3 GWB). Erfolgt keine Abhilfe, kann binnen 15 Tagen nach Rügeentscheidung ein Antrag bei der Vergabekammer gestellt werden (§ 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB). Die Vergabekammer prüft dann, ob das Verfahren den Vorschriften des GWB, der VgV oder der VOB/A entspricht. Gegen ihre Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht möglich (§ 171 GWB). Gerade bei BIM-Vergaben lohnt sich eine juristische Prüfung, weil technische Spezifikationen häufig vergaberechtswidrig ausgestaltet sind.


Wie werden Verträge mit BIM-Leistungen rechtssicher gestaltet?

Nach Zuschlag sollten Auftraggeber und Auftragnehmer vertragliche Regelungen zur Datenhoheit, Modellpflege und Haftung treffen. Typisch sind sogenannte „BIM-Besondere Vertragsbedingungen“. Diese definieren, wer das Modell erstellt, wer Änderungen validiert und wem die Nutzungsrechte zustehen. § 313 BGB erlaubt Anpassungen, wenn sich die Datengrundlage wesentlich ändert. Haftungsfragen sind eindeutig zuzuordnen. Auftraggeber sollten sicherstellen, dass Modellfehler rechtzeitig erkannt werden, um Schadensfolgen zu vermeiden. Unternehmen wiederum müssen ihre Dokumentationspflichten erfüllen und Datensicherungen führen. Eine präzise Vertragsgestaltung reduziert Haftungsrisiken und schafft Rechtssicherheit während der gesamten Projektlaufzeit.


Welche Rolle spielt die Lebenszyklusbetrachtung im BIM-Vergabeverfahren?

Artikel 68 der Richtlinie 2014/24/EU und § 59 VgV erlauben die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten im Vergabeverfahren. Die Bauwerksdatenmodellierung ist dafür prädestiniert, da sie Energieverbrauch, Wartung und Instandhaltung bereits in der Planungsphase abbildet. Auftraggeber können so ökologische und wirtschaftliche Ziele verbinden. Die Bewertung muss objektiv und nachvollziehbar erfolgen. Eine übermäßige Gewichtung einzelner Nachhaltigkeitsfaktoren kann gegen § 127 GWB verstoßen. Unternehmen sollten ihre Angebote deshalb mit belastbaren Daten untermauern. Die Lebenszyklusbetrachtung stärkt die Wirtschaftlichkeit öffentlicher Bauprojekte und fördert nachhaltige Beschaffung im Einklang mit den EU-Vorgaben.


Wie vermeiden Auftraggeber Wettbewerbsverzerrungen durch BIM-Vorgaben?

Wettbewerbsverzerrungen entstehen, wenn technische Anforderungen bestimmte Anbieter begünstigen. § 97 Abs. 2 GWB und § 12 VgV verpflichten Auftraggeber, Gleichwertigkeit zuzulassen. Das bedeutet, dass BIM-Vorgaben nicht an eine bestimmte Software oder ein geschlossenes Datenökosystem gebunden sein dürfen. Stattdessen sollten funktionale Kriterien beschrieben werden, etwa „Modell muss IFC-kompatibel sein“. Eine sachgerechte Begründung für Einschränkungen ist zu dokumentieren. Fehlende Neutralität führt regelmäßig zu erfolgreichen Nachprüfungsanträgen. Auftraggeber sollten daher technische und rechtliche Expertise bündeln, um marktgerechte Vorgaben zu entwickeln. So lässt sich die Bauwerksdatenmodellierung rechtssicher und diskriminierungsfrei integrieren.


Wie entwickeln sich rechtliche Standards zur Bauwerksdatenmodellierung?

Die Bauwerksdatenmodellierung ist ein dynamisches Rechtsgebiet. Nationale und europäische Gesetzgeber arbeiten fortlaufend an der Anpassung vergaberechtlicher Vorschriften an die Digitalisierung. Künftige Novellen werden voraussichtlich eine stärkere Verpflichtung zur Nutzung digitaler Methoden enthalten. Bereits jetzt setzen viele Bundes- und Landesbehörden BIM als Standard bei Großprojekten ein. Rechtsprechung und Verwaltungspraxis entwickeln Leitlinien für die rechtssichere Anwendung. Für Unternehmen und Vergabestellen bedeutet das: Frühzeitige Schulung, rechtliche Prüfung und interne Standardisierung werden zum Wettbewerbsvorteil. Die rechtliche Entwicklung zeigt, dass die Bauwerksdatenmodellierung nicht nur eine technische, sondern zunehmend auch eine juristische Zukunftstechnologie ist.