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Angebot im Vergaberecht – Juristische Grundlagen und Praxis.

Bedeutung des Angebots im Vergabeverfahren

Das Angebot ist im Vergaberecht das zentrale Element, durch das Unternehmen ihre Bereitschaft erklären, einen öffentlichen Auftrag zu den in den Vergabeunterlagen definierten Bedingungen auszuführen. Nach § 145 BGB stellt es eine verbindliche Willenserklärung dar, deren rechtliche Wirkungen durch die Spezialnormen der §§ 97 ff. GWB, der Vergabeverordnung (VgV) sowie der UVgO konkretisiert werden. Seine Bedeutung erschöpft sich nicht im bloßen Rechtsakt, vielmehr fungiert es als Bewertungsgrundlage für die Auftraggeber, die ihre Entscheidung gemäß dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB zu treffen haben. Ein Angebot muss vollständig, eindeutig und wertungsfähig sein, da andernfalls zwingend ein Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV erfolgt. Der EuGH hat in der Rechtssache SIAC Construction (C-19/00) betont, dass die Vergleichbarkeit von Angeboten für die Wahrung des Wettbewerbs essenziell ist. Somit ist das Angebot nicht nur Ausdruck der Privatautonomie des Bieters, sondern zugleich Instrument staatlich regulierter Wettbewerbsordnung.

Form und Inhalt des Angebots

Die Formvorschriften für Angebote im Vergaberecht haben sich im Zuge der Digitalisierung erheblich verändert. Während früher die Schriftform dominierte, schreibt § 53 Abs. 1 VgV heute die elektronische Übermittlung vor. Diese Pflicht sichert Nachvollziehbarkeit, Dokumentation und Transparenz des gesamten Vergabeverfahrens. Inhaltlich muss ein Angebot sämtliche geforderten Leistungen enthalten und mit den Vergabeunterlagen vollständig übereinstimmen. Abweichungen führen regelmäßig zur Unzulässigkeit, wie der BGH in seinem Beschluss vom 7. Januar 2014 (X ZB 15/13) festgestellt hat. Nebenangebote sind gemäß § 35 VgV nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich zugelassen wurden, wodurch die Dispositionsfreiheit der Bieter beschränkt ist. Damit verdeutlicht sich, dass ein Angebot keine beliebig gestaltbare Willenserklärung darstellt, sondern ein formalisiertes Rechtsinstrument, dessen Inhalt durch die Vergabeunterlagen determiniert ist. Diese Strenge dient der Vergleichbarkeit der Angebote und der Sicherung eines fairen Wettbewerbs, was wiederum unionsrechtlich durch die Richtlinie 2014/24/EU gestützt wird.

Bindungswirkung und Angebotsfrist

Die Bindungswirkung eines Angebots ergibt sich zunächst aus § 145 BGB, wonach der Antragende an sein Angebot gebunden ist, solange er die Bindung nicht ausgeschlossen hat. Im Vergaberecht wird diese Bindung jedoch durch die Vorgaben des Auftraggebers in Form der Angebotsbindefrist konkretisiert, die gemäß § 10 Abs. 3 VgV zulässig ist. Innerhalb dieser Frist darf das Angebot nicht einseitig zurückgezogen oder verändert werden. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 20. Juni 2018 (VII-Verg 24/18) klargestellt, dass ein Verstoß gegen die Bindefrist zwingend zum Ausschluss führt. Diese starre Bindungswirkung dient der Verfahrenssicherheit und verhindert opportunistisches Verhalten von Unternehmen. Gleichzeitig gewährt sie den Auftraggebern die notwendige Planungssicherheit, um eine rechtskonforme Zuschlagsentscheidung treffen zu können. Die EuGH-Rechtsprechung (C-336/12 Manova) bestätigt, dass die Bindungswirkung zugleich unionsrechtlich geboten ist, da sie die Integrität des Vergabeverfahrens schützt.

Ausschlussgründe wegen Angebotsfehlern

Ein Angebot unterliegt strengen materiell-rechtlichen Anforderungen, deren Nichtbeachtung zwingend den Ausschluss zur Folge hat. Nach § 57 Abs. 1 VgV sind Angebote insbesondere dann auszuschließen, wenn sie unvollständig, nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder verspätet eingereicht wurden. Fehler in der Kalkulation oder Preisangaben können nach § 60 VgV eine Preisprüfung nach sich ziehen, wobei unplausible oder offensichtlich unauskömmliche Angebote ausgeschlossen werden müssen. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 18. Juni 2019 (X ZB 8/19) bestätigt, dass auch geringfügige Abweichungen von den Vorgaben zum Ausschluss führen können, da die Vergleichbarkeit aller Angebote oberste Priorität genießt. Darüber hinaus ergeben sich unionsrechtliche Ausschlussgründe aus Art. 57 der Richtlinie 2014/24/EU, etwa bei Korruptionsdelikten oder Wettbewerbsverstößen. Damit zeigt sich, dass die Integrität des Angebots durch eine Kombination aus nationalem und europäischem Recht abgesichert ist, deren Missachtung für den Bieter existenzielle Folgen haben kann.

Preisrechtliche Aspekte des Angebots

Die preisrechtliche Behandlung von Angeboten ist eng mit der Pflicht zur Plausibilität und Nachvollziehbarkeit verknüpft. Nach § 60 VgV ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Angebote mit ungewöhnlich niedrigen Preisen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Ziel ist es, den Schutz vor Dumpingangeboten zu gewährleisten und die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen. Der EuGH hat in der Rechtssache Lombardini (C-285/99 und C-286/99) herausgestellt, dass eine Preisprüfung unionsrechtlich geboten ist, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vorliegt. Für die Bieter bedeutet dies, dass sie ihre Kalkulation transparent darlegen müssen, um den Ausschluss zu vermeiden. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, zweifelhafte Angebote auszuschließen, um eine Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Das Angebot ist damit nicht allein ein Instrument des Wettbewerbs, sondern zugleich eine wirtschaftsrechtliche Garantie für die Funktionsfähigkeit öffentlicher Beschaffung.

EU-rechtliche Vorgaben zum Angebot

Die unionsrechtliche Dimension des Angebots wird durch die Richtlinie 2014/24/EU geprägt, die die grundlegenden Anforderungen an die Ausgestaltung von Vergabeverfahren vorgibt. Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie normiert die Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung, die unmittelbar auf das Angebot einwirken. Ein Angebot muss so ausgestaltet sein, dass es mit diesen Prinzipien vereinbar ist und eine objektive Vergleichbarkeit gewährleistet. Der EuGH hat in seiner Entscheidung C-324/14 (Partner Apelski Dariusz) betont, dass die Anforderungen an die Transparenz nicht durch eine nachträgliche Änderung oder Korrektur von Angeboten unterlaufen werden dürfen. Damit wird deutlich, dass die unionsrechtlichen Vorgaben strengere Grenzen ziehen, als sie teilweise im nationalen Recht vorzufinden sind. Insbesondere die Pflicht zur elektronischen Angebotsabgabe nach Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie verdeutlicht den Wandel hin zu einer europaweit einheitlichen Praxis. Somit fungiert das Angebot nicht nur als national-rechtliches Konstrukt, sondern als unionsrechtlich harmonisiertes Rechtsinstrument.

Nachforderung und Angebotskorrekturen

Die Nachforderung von Unterlagen im Vergabeverfahren ist nach § 56 VgV zwar zulässig, aber eng begrenzt. Sie darf nur formale oder leicht nachweisbare Aspekte betreffen, nicht jedoch den materiellen Inhalt des Angebots. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 29. Juni 2016 (VII-Verg 28/15) klargestellt, dass eine Nachforderung nicht dazu führen darf, dass das Angebot nachträglich verändert oder vervollständigt wird. Damit wird die Grenze zwischen formaler Korrektur und materieller Änderung strikt gezogen. Die unionsrechtliche Rechtsprechung, insbesondere die Entscheidung des EuGH in der Sache Manova (C-336/12), bestätigt diese restriktive Handhabung. Ein Bieter kann fehlende Unterlagen zwar nachreichen, nicht aber den Kern seines Angebots nachträglich ändern. Diese Differenzierung ist von zentraler Bedeutung, um die Transparenz und Gleichbehandlung im Verfahren zu wahren. Folglich ist es für Unternehmen essenziell, ihre Angebote von Beginn an vollständig und fehlerfrei einzureichen, da eine spätere Heilung materieller Mängel ausgeschlossen ist.

Rechtsschutz gegen fehlerhafte Angebotswertung

Unternehmen haben die Möglichkeit, sich gegen fehlerhafte Entscheidungen der Vergabestelle im Zusammenhang mit der Angebotswertung zur Wehr zu setzen. Der Rechtsschutz ist in den §§ 155 ff. GWB geregelt und eröffnet Bietern die Möglichkeit, Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer einzuleiten. So kann insbesondere geltend gemacht werden, dass ein Angebot rechtswidrig ausgeschlossen oder bei der Wertung nicht ordnungsgemäß berücksichtigt wurde. Das OLG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2017 (VII-Verg 42/17) ausgeführt, dass selbst geringfügige Bewertungsfehler die Aufhebung einer Zuschlagsentscheidung rechtfertigen können. Darüber hinaus können Unternehmen auch unionsrechtlich auf Art. 1 der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG zurückgreifen, die den effektiven Rechtsschutz bei Vergabeverfahren garantiert. Damit wird sichergestellt, dass fehlerhafte Entscheidungen nicht ohne Konsequenzen bleiben und die Integrität des Verfahrens gewahrt wird. Für Auftraggeber bedeutet dies, dass sie die Angebotswertung mit höchster Sorgfalt und rechtlicher Präzision durchführen müssen.

Fazit zum Angebot

Das Angebot ist das Herzstück jedes Vergabeverfahrens und zugleich ein streng reguliertes Rechtsinstrument. Seine formalen, inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen sind durch nationales und europäisches Recht präzise determiniert, wodurch die Transparenz, Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit gewährleistet werden. Fehler bei der Angebotsabgabe führen zwangsläufig zum Ausschluss, was die Bedeutung einer sorgfältigen Vorbereitung unterstreicht. Für Unternehmen ist es daher unerlässlich, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und die Vorgaben strikt einzuhalten. Auftraggeber sind gleichzeitig verpflichtet, die Angebote nach objektiven Kriterien zu werten und unzulässige Änderungen auszuschließen. Damit zeigt sich das Angebot als Schnittstelle zwischen Privatautonomie und staatlicher Vergaberegelung.

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FAQ-Bereich: Angebot im Vergaberecht

1. Was ist im Vergaberecht unter einem Angebot zu verstehen?

Ein Angebot ist im vergaberechtlichen Kontext eine verbindliche Willenserklärung eines Unternehmens, die auf den Abschluss eines öffentlichen Vertrags gerichtet ist. Es muss den in den Vergabeunterlagen festgelegten Leistungsumfang, die technischen Anforderungen sowie die wirtschaftlichen Bedingungen vollständig abbilden. Grundlage sind §§ 145 ff. BGB sowie die spezialgesetzlichen Regelungen der VgV und der UVgO. Der EuGH hat im Urteil C-19/00 (SIAC Construction) hervorgehoben, dass die Vergleichbarkeit von Angeboten für die Wahrung der Gleichbehandlung zwingend ist.


2. Welche Formvorschriften gelten für ein Angebot?

Gemäß § 53 Abs. 1 VgV müssen Angebote grundsätzlich elektronisch übermittelt werden. Die frühere Schriftform ist damit durch die Pflicht zur elektronischen Kommunikation ersetzt worden. Elektronische Signaturen oder Verschlüsselungsverfahren gewährleisten die Authentizität und Integrität der Daten. Verstöße gegen diese Formvorschriften führen nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zwingend zum Ausschluss. Der OLG Düsseldorf-Beschluss vom 17. Juni 2015 (VII-Verg 15/14) unterstreicht, dass selbst geringfügige Abweichungen bei der Formunterschreitung nicht heilbar sind.


3. Welche inhaltlichen Anforderungen muss ein Angebot erfüllen?

Ein Angebot muss vollständig und eindeutig sein, sodass der öffentliche Auftraggeber es ohne weitere Ergänzungen prüfen und werten kann. Nach § 56 VgV ist ein Angebot unzulässig, wenn es nicht den Vergabeunterlagen entspricht. Der BGH hat im Beschluss vom 7. Januar 2014 (X ZB 15/13) klargestellt, dass auch geringfügige Abweichungen zum zwingenden Ausschluss führen können. Unternehmen sind daher verpflichtet, die Ausschreibungsunterlagen präzise umzusetzen und keine Änderungen vorzunehmen, die die Vergleichbarkeit beeinträchtigen.


4. Welche Bedeutung hat die Angebotsbindefrist?

Die Angebotsbindefrist ist in § 10 Abs. 3 VgV geregelt und legt fest, wie lange ein Bieter an sein Angebot gebunden bleibt. Sie wird vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen bestimmt und schützt die Verfahrenssicherheit. Innerhalb dieser Frist darf das Angebot nicht zurückgezogen werden. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 20. Juni 2018, VII-Verg 24/18) betonte, dass ein Verstoß zur Unwirksamkeit des Angebots führt. Damit wird die Planungssicherheit des Auftraggebers gestärkt und ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährleistet.


5. Können Angebote nachträglich geändert werden?

Grundsätzlich ist eine nachträgliche Änderung eines Angebots ausgeschlossen, da dies gegen den Transparenzgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen würde. Nach § 56 Abs. 2 VgV dürfen lediglich formale Unterlagen nachgefordert werden, nicht aber die wesentlichen Inhalte des Angebots. Der EuGH hat in der Entscheidung C-336/12 (Manova) klargestellt, dass eine inhaltliche Veränderung des Angebots unzulässig ist. Eine Ausnahme gilt nur für Klarstellungen, die den materiellen Kern des Angebots unberührt lassen.


6. Was sind zwingende Ausschlussgründe für Angebote?

Zwingende Ausschlussgründe ergeben sich aus § 57 Abs. 1 VgV. Dazu gehören verspätete Einreichung, fehlende Vollständigkeit, Verstöße gegen die Formvorschriften oder nicht zugelassene Nebenangebote. Darüber hinaus führen auch unplausible Preisangaben nach § 60 VgV zur Pflicht zur Preisprüfung und gegebenenfalls zum Ausschluss. Unionsrechtlich normiert Art. 57 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU weitere Ausschlussgründe wie Korruptionsdelikte oder Kartellverstöße. Diese Konstellationen dienen dem Schutz der Integrität des Vergabeverfahrens und sichern die Wettbewerbsneutralität.


7. Welche Rolle spielen Nebenangebote?

Nebenangebote sind nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich in den Vergabeunterlagen gestattet wurden (§ 35 VgV). Fehlt eine solche Zulassung, führt die Abgabe eines Nebenangebots zum Ausschluss. Der BGH hat im Beschluss vom 18. Juni 2019 (X ZB 8/19) entschieden, dass auch innovative Vorschläge nicht gewertet werden dürfen, wenn sie formell unzulässig sind. Damit wird sichergestellt, dass die Vergleichbarkeit der Angebote erhalten bleibt. Auftraggeber müssen daher klar regeln, ob Nebenangebote zugelassen sind.


8. Welche Rechtsfolgen hat ein verspätet eingereichtes Angebot?

Ein verspätet eingereichtes Angebot ist zwingend auszuschließen (§ 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV). Maßgeblich ist der fristgerechte Eingang im elektronischen Vergabesystem. Der EuGH hat im Urteil C-12/08 (Lianakis) betont, dass Fristen strikt einzuhalten sind, um die Gleichbehandlung zu sichern. Ausnahmen gibt es nur bei technischen Störungen auf Seiten des Auftraggebers, nicht jedoch bei Fehlern auf Seiten des Bieters. Damit liegt das Risiko des rechtzeitigen Eingangs grundsätzlich beim Unternehmen.


9. Was gilt für ungewöhnlich niedrige Angebote?

Ungewöhnlich niedrige Angebote müssen nach § 60 VgV geprüft werden. Der Auftraggeber ist verpflichtet, vom Bieter Erläuterungen zu den Preisangaben einzuholen. Ergibt die Prüfung, dass der Preis unauskömmlich ist, muss das Angebot ausgeschlossen werden. Der EuGH hat im Urteil C-285/99 (Lombardini) betont, dass Dumpingangebote den Wettbewerb gefährden und daher ausgeschlossen werden müssen. Die Pflicht zur Prüfung schützt den Markt vor Verzerrungen und stellt sicher, dass der Auftrag ordnungsgemäß erfüllt werden kann.


10. Wie sind Angebote im EU-Recht geregelt?

Das unionsrechtliche Vergaberecht ist durch die Richtlinie 2014/24/EU geprägt. Art. 18 verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung sicherzustellen. Angebote müssen so gestaltet sein, dass sie mit diesen Vorgaben vereinbar sind. Der EuGH hat in der Rechtssache C-324/14 (Partner Apelski Dariusz) entschieden, dass nachträgliche Änderungen der Angebote unzulässig sind. Diese Vorgaben sichern die Harmonisierung innerhalb der EU und gewährleisten eine europaweit vergleichbare Vergabepraxis.


11. Welche Rechte haben Unternehmen bei fehlerhafter Angebotswertung?

Unternehmen können gemäß §§ 155 ff. GWB ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer beantragen, wenn sie der Ansicht sind, dass ihr Angebot fehlerhaft bewertet oder rechtswidrig ausgeschlossen wurde. Die Vergabekammer prüft die Rechtmäßigkeit der Entscheidung und kann den Zuschlag untersagen. Der EuGH hat in C-568/08 (Combinatie Spijker) betont, dass ein effektiver Rechtsschutz unionsrechtlich gewährleistet sein muss. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie gegen jede diskriminierende oder fehlerhafte Bewertung vorgehen können.


12. Können fehlende Unterlagen nachgereicht werden?

Ja, aber nur in engen Grenzen. Nach § 56 VgV können Auftraggeber fehlende, nicht leistungsbezogene Unterlagen nachfordern. Dies betrifft etwa Eigenerklärungen oder Nachweise. Materielle Angebotsbestandteile wie Preise oder technische Lösungen dürfen hingegen nicht nachgereicht werden. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 29. Juni 2016, VII-Verg 28/15) hat klargestellt, dass eine Nachforderung nicht zu einer inhaltlichen Änderung führen darf. Damit ist die Grenze zwischen zulässiger Heilung und unzulässiger Angebotsänderung eindeutig gezogen.


13. Welche Folgen haben unzulässige Änderungen am Angebot?

Unzulässige Änderungen führen regelmäßig zum Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV. Dies betrifft insbesondere Preisänderungen, technische Modifikationen oder Abweichungen von den Vergabeunterlagen. Der EuGH hat in der Entscheidung C-599/10 (SAG ELV Slovensko) betont, dass solche Änderungen gegen den Transparenzgrundsatz verstoßen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass jede Modifikation nach Ablauf der Angebotsfrist unzulässig ist. Auftraggeber sind verpflichtet, solche Angebote zwingend auszuschließen, um die Integrität des Verfahrens zu wahren.


14. Wie werden Angebote rechtlich ausgelegt?

Die Auslegung von Angeboten erfolgt nach den §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts. Im Vergaberecht ist jedoch die strikte Bindung an die Vergabeunterlagen maßgeblich. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 10. Februar 2016, VII-Verg 39/15) betonte, dass die Auslegung nicht dazu führen darf, den materiellen Gehalt des Angebots zu verändern. Damit sind die Spielräume deutlich enger als im allgemeinen Zivilrecht. Ziel ist es, eine einheitliche und objektive Vergleichbarkeit sicherzustellen.


15. Was ist der Unterschied zwischen Angebot und Zuschlag?

Das Angebot ist die einseitige Erklärung des Bieters, während der Zuschlag die Annahme durch den Auftraggeber darstellt. Erst durch den Zuschlag entsteht der Vertrag (§ 151 BGB i. V. m. § 58 VgV). Der EuGH hat im Urteil C-19/00 (SIAC Construction) verdeutlicht, dass der Zuschlag eine rechtlich bindende Entscheidung ist. Bis zu diesem Zeitpunkt handelt es sich beim Angebot lediglich um eine gebundene Willenserklärung. Die Unterscheidung ist zentral, um die Rechtsfolgen präzise abzugrenzen.


16. Welche Pflichten haben Auftraggeber bei der Angebotswertung?

Auftraggeber sind verpflichtet, Angebote objektiv, transparent und diskriminierungsfrei zu bewerten (§ 97 Abs. 1 GWB). Bewertungsmaßstäbe müssen vorab bekanntgegeben werden und dürfen nachträglich nicht geändert werden. Der EuGH (Urteil C-448/01, EVN und Wienstrom) hat hervorgehoben, dass die Kriterien klar und überprüfbar sein müssen. Eine unsachliche oder nachträgliche Änderung der Maßstäbe führt zur Rechtswidrigkeit der Vergabeentscheidung. Damit tragen Auftraggeber die Verantwortung, eine nachvollziehbare und rechtskonforme Wertung vorzunehmen.


17. Wie lange bleibt ein Angebot verbindlich?

Die Dauer der Bindung richtet sich nach der in den Vergabeunterlagen festgelegten Angebotsbindefrist (§ 10 Abs. 3 VgV). Ist keine Frist bestimmt, gilt die allgemeine Regel des § 147 BGB. Innerhalb der Bindefrist kann der Bieter sein Angebot nicht zurückziehen. Das OLG Düsseldorf (VII-Verg 24/18) entschied, dass ein Rücktritt zur Unwirksamkeit führt. Die Bindungswirkung dient damit der Verfahrenssicherheit und verhindert opportunistisches Verhalten, das den Wettbewerb beeinträchtigen könnte.


18. Welche Rolle spielt die Transparenz beim Angebot?

Transparenz ist ein zentraler Grundsatz des Vergaberechts, normiert in § 97 Abs. 1 GWB und Art. 18 der Richtlinie 2014/24/EU. Sie verlangt, dass alle Angebote nachvollziehbar und vergleichbar sein müssen. Der EuGH (C-19/00, SIAC Construction) hat betont, dass Transparenz die Integrität des Wettbewerbs sichert. Angebote, die von den Vergabeunterlagen abweichen oder intransparent kalkuliert sind, gefährden diesen Grundsatz. Daher führt jede Intransparenz entweder zur Nachforderung formaler Angaben oder zum zwingenden Ausschluss.


19. Können Bieter ein abgegebenes Angebot zurückziehen?

Ein Rückzug ist nur vor Ablauf der Angebotsfrist zulässig. Nach Einreichung und Ablauf der Frist ist der Bieter an sein Angebot gebunden (§ 145 BGB, § 10 Abs. 3 VgV). Ein Rücktritt nach Fristablauf ist ausgeschlossen, es sei denn, der Auftraggeber hebt das Verfahren auf. Der BGH (X ZB 8/19) bestätigte, dass ein unzulässiger Rückzug zum Ausschluss führt. Diese strikte Regelung dient der Stabilität und Planbarkeit des Vergabeverfahrens.


20. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen bei unzulässigem Angebotsausschluss?

Unternehmen können gemäß §§ 160 ff. GWB ein Nachprüfungsverfahren einleiten. Wird ein Angebot zu Unrecht ausgeschlossen, prüft die Vergabekammer die Rechtmäßigkeit der Entscheidung. Der EuGH (Urteil C-568/08, Combinatie Spijker) hat betont, dass ein effektiver Rechtsschutz unionsrechtlich garantiert sein muss. Neben dem Nachprüfungsverfahren besteht die Möglichkeit, anschließend Beschwerde beim OLG einzulegen. Damit stehen Unternehmen wirksame Instrumente zur Verfügung, um ihre Rechte im Vergabeverfahren durchzusetzen.