Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) – Rechtsgrundlagen & aktuelle Bedeutung.
Bedeutung der Verdingungsordnung für Leistungen
Die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) war über Jahrzehnte hinweg ein zentrales Fundament des deutschen Vergaberechts. Sie regelte die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber und diente als Konkretisierung der vergaberechtlichen Grundprinzipien des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Die VOL bestand aus zwei Teilen: Teil A (VOL/A) mit verfahrensrechtlichen Vorschriften und Teil B (VOL/B) mit allgemeinen Vertragsbedingungen. Während die VOL/A durch die Reform des Vergaberechts 2016 abgelöst wurde, ist die VOL/B nach wie vor in Kraft und spielt in der Praxis eine wichtige Rolle. Ihre Entstehungsgeschichte verdeutlicht die wachsende Bedeutung von Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen. Darüber hinaus ist sie eng mit der Entwicklung des europäischen Vergaberechts verknüpft, das insbesondere durch die Richtlinien 2004/18/EG und 2014/24/EU maßgeblich geprägt wurde.
Historische Entwicklung der VOL
Die Ursprünge der Verdingungsordnung für Leistungen reichen zurück bis in die Zeit der frühen Regulierung öffentlicher Beschaffung in Deutschland. In den 1930er-Jahren entstand die erste Form der VOL als einheitliche Grundlage für Vergabeverfahren. Ihre Weiterentwicklung führte in den 1970er- und 1980er-Jahren zu einer systematischen Trennung in VOL/A und VOL/B, was eine klare Abgrenzung zwischen Verfahrensrecht und Vertragsrecht ermöglichte. Über die Jahrzehnte wurde die VOL regelmäßig an die Veränderungen des europäischen Rechtsrahmens angepasst. Insbesondere die Harmonisierung mit den EU-Vergaberichtlinien stellte sicher, dass deutsche Vergabeverfahren den unionsrechtlichen Prinzipien der Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerbsförderung entsprachen. Ihre geschichtliche Bedeutung liegt nicht nur in ihrer langen Anwendung, sondern auch in der Prägung der juristischen Dogmatik, die noch heute in der VgV und UVgO erkennbar ist.
Systematische Stellung im Vergaberecht
Die VOL war ein wesentliches Element im gestuften System des Vergaberechts. An oberster Stelle standen die §§ 97 ff. GWB, die die grundlegenden Prinzipien des Vergaberechts normierten. Darunter regelte die Vergabeverordnung (VgV) die Umsetzung der GWB-Vorgaben in den Einzelheiten. Die VOL nahm die Rolle der präzisen Konkretisierung für Liefer- und Dienstleistungen ein. Oberhalb der EU-Schwellenwerte galt die VOL/A in direkter Umsetzung europäischer Richtlinien, während sie im Unterschwellenbereich durch Verwaltungsvorschriften Anwendung fand. Die VOL/B wiederum fungierte als allgemeine Vertragsbedingung, die regelmäßig Vertragsbestandteil öffentlicher Aufträge wurde. Mit der Reform 2016 wurden die Inhalte der VOL/A durch VgV und UVgO ersetzt. Gleichwohl bleibt ihre systematische Einordnung bedeutsam, da sie das Verständnis der heutigen Strukturen des Vergaberechts erleichtert und in der juristischen Praxis weiterhin als Referenzrahmen herangezogen wird.
VOL/A – Regelungen des Vergabeverfahrens
Die VOL/A stellte über Jahrzehnte hinweg die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen dar. Sie regelte die Wahl der Vergabeart, die Bekanntmachung, die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung und die Zuschlagskriterien. Kernpunkt war die Pflicht, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot im Sinne von § 97 Abs. 5 GWB zu erteilen. Zudem enthielt die VOL/A detaillierte Vorgaben zu Angebotsfristen, Dokumentation und Bieterkommunikation. Sie verpflichtete Auftraggeber zur diskriminierungsfreien Behandlung aller Unternehmen und zur Einhaltung transparenter Verfahren. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/24/EU wurde die VOL/A 2016 abgelöst. Oberhalb der EU-Schwellenwerte gilt seitdem die VgV, während für Vergaben im Unterschwellenbereich die UVgO zuständig ist. Auch wenn die VOL/A keine Anwendung mehr findet, prägt sie noch heute die Systematik und Terminologie des deutschen Vergaberechts.
VOL/B – Allgemeine Vertragsbedingungen
Die VOL/B ist bis heute in Kraft und regelt die Vertragsbeziehungen zwischen öffentlichem Auftraggeber und Auftragnehmer bei der Ausführung von Liefer- und Dienstleistungen. Sie enthält Bestimmungen über Leistungsänderungen, Abnahme, Vergütung, Gewährleistung und Kündigung. Ihre Einbeziehung in öffentliche Verträge erfolgt regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingung. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die VOL/B der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegt (BGH, Urteil vom 24.07.2008 – VII ZR 55/07). Damit wirkt die VOL/B nicht nur als verwaltungsinternes Regelwerk, sondern als zivilrechtlich verbindliche Grundlage. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien schafft und einheitliche Standards vorgibt. Sie wird regelmäßig aktualisiert, um an die Entwicklungen des Vertragsrechts angepasst zu bleiben, und bleibt damit ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Beschaffungswesens.
Europarechtliche Einflüsse
Die VOL war stets eng mit dem europäischen Vergaberecht verknüpft. Die Richtlinie 2004/18/EG verpflichtete die Mitgliedstaaten, zentrale Prinzipien wie Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung sicherzustellen. Diese Vorgaben wurden durch die VOL in nationales Recht umgesetzt. Mit der Richtlinie 2014/24/EU wurde der Rechtsrahmen erneut umfassend reformiert, was in Deutschland zur Ablösung der VOL/A führte. Der Europäische Gerichtshof betonte in Urteilen wie Rs. C-213/07 „Michaniki“, dass nationale Regelungen unionsrechtskonform auszulegen sind. Die VOL war damit nicht isoliert, sondern stets eingebettet in das europäische Binnenmarktkonzept. Die europarechtliche Prägung führte dazu, dass deutsche Vergabeverfahren unionsweit vergleichbar wurden. Heute setzen VgV und UVgO die europäischen Richtlinien unmittelbar um, doch die historische Rolle der VOL verdeutlicht den Einfluss des EU-Rechts auf nationale Strukturen.
Rechtsschutzsystem in der VOL
Das Rechtsschutzsystem der VOL orientierte sich an den Vorschriften des GWB. Unternehmen konnten Vergabeverstöße durch Rügen (§ 160 Abs. 3 GWB) geltend machen und Nachprüfungsverfahren vor Vergabekammern einleiten. Die VOL/A verpflichtete Auftraggeber zur ordnungsgemäßen Dokumentation, was eine gerichtliche Kontrolle ermöglichte. Fehlerhafte Vergaben konnten aufgehoben oder korrigiert werden. Oberhalb der EU-Schwellenwerte bestand damit ein effektiver Rechtsschutz. Im Unterschwellenbereich war der Rechtsschutz dagegen eingeschränkt, da die VOL/A als Verwaltungsvorschrift galt und nicht unmittelbar gerichtlich durchsetzbar war. Gleichwohl konnten Unternehmen Schadensersatzansprüche nach §§ 280, 311 BGB oder kartellrechtliche Ansprüche geltend machen. Mit der Einführung der UVgO wurde dieser Dualismus beibehalten. Das Rechtsschutzsystem verdeutlicht, wie eng die VOL mit den GWB-Regelungen verflochten war und welche Rolle sie bei der Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen spielte.
Pflichten der Auftraggeber
Öffentliche Auftraggeber waren nach VOL verpflichtet, den Wettbewerb zu wahren und die Gleichbehandlung aller Unternehmen sicherzustellen. Sie mussten die Leistungsbeschreibung eindeutig und vollständig verfassen (§ 8 VOL/A) und die Vergabearten nach transparenten Kriterien wählen. Zudem waren sie verpflichtet, wirtschaftliche und sparsame Haushaltsführung zu gewährleisten. Die Pflicht zur Veröffentlichung von Ausschreibungen und zur Dokumentation des Vergabeverfahrens diente der Nachprüfbarkeit und Kontrolle. Ein Verstoß gegen diese Pflichten konnte zur Aufhebung der Vergabe führen und Schadensersatzansprüche begründen. Auch wenn die VOL/A nicht mehr gilt, haben diese Grundsätze weiterhin Bestand in der VgV und UVgO. Auftraggeber sind daher auch heute gehalten, diskriminierungsfreie und transparente Verfahren durchzuführen, was durch die europarechtlichen Vorgaben zusätzlich abgesichert wird.
Rechte der Unternehmen
Unternehmen, die sich an Vergabeverfahren nach VOL beteiligten, hatten das Recht auf Gleichbehandlung und Transparenz. Sie konnten erwarten, dass die Leistungsbeschreibung neutral erfolgt und keine Wettbewerber bevorzugt werden. Darüber hinaus bestand ein Anspruch auf rechtzeitige und vollständige Informationen über Vergabeentscheidungen. Im Falle von Vergabeverstößen konnten sie im Oberschwellenbereich Nachprüfungsverfahren einleiten. Die Rügepflicht stellte sicher, dass Fehler frühzeitig geltend gemacht werden mussten. Diese Rechte sind auch heute in der VgV und UVgO verankert, was die Kontinuität des vergaberechtlichen Schutzsystems verdeutlicht. Unternehmen profitieren somit von einem rechtlich abgesicherten Anspruch auf faire Wettbewerbsbedingungen, der unionsrechtlich durch Art. 18 RL 2014/24/EU geschützt ist.
Folgen unzulässiger Änderungen
Unzulässige Änderungen an den Vorgaben der VOL, insbesondere an der VOL/B, können erhebliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Werden wesentliche Vertragsbedingungen zu Lasten eines Vertragspartners abgeändert, droht die Unwirksamkeit nach §§ 305 ff. BGB. Im Vergabeverfahren konnte eine Abweichung von der VOL/A einen Vergaberechtsverstoß darstellen, der die Aufhebung des Verfahrens zur Folge hatte. Der EuGH entschied in der Rechtssache C-454/06 „Pressetext“, dass wesentliche Vertragsänderungen während der Laufzeit eines Auftrags als neue Vergabe zu behandeln sind. Diese Rechtsprechung gilt auch heute fort. Damit wird verhindert, dass durch nachträgliche Änderungen der Wettbewerb unterlaufen wird. Auftraggeber und Auftragnehmer müssen daher größte Sorgfalt walten lassen, um unzulässige Abweichungen von den Standardbedingungen der VOL zu vermeiden.
Fazit: Bedeutung der VOL im modernen Vergaberecht
Die Verdingungsordnung für Leistungen hat das deutsche Vergaberecht über Jahrzehnte geprägt und seine heutige Struktur maßgeblich vorbereitet. Während die VOL/A durch die Reform 2016 abgelöst wurde, bleibt die VOL/B weiterhin verbindlich und prägt die Vertragsgestaltung bei öffentlichen Aufträgen. Ihre enge Verbindung zum europäischen Recht und die intensive Rechtsprechung von BGH und EuGH verdeutlichen ihre anhaltende Bedeutung. Für Unternehmen wie öffentliche Auftraggeber bleibt die Kenntnis der VOL unverzichtbar, da sie grundlegende Prinzipien des Vergaberechts und des Vertragsrechts verkörpert. Wer in diesem Bereich tätig ist, sollte sich umfassend mit den aktuellen Regelungen befassen und rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um Risiken zu vermeiden.
👉 Jetzt beraten lassen – sichern Sie sich fundierte Expertise im Vergaberecht.
Von Ausschreibung bis Zuschlag: Unser Glossar zum Vergaberecht liefert Ihnen klare und praxisnahe Erklärungen zu allen relevanten Fachbegriffen der UVgO, VgV & GWB.
Unsere Leistungen – von individueller Beratung, über die Erstellung rechtssicherer Vergabeunterlagen bis hin zu Schulungen, die Ihr Team auf den neuesten Stand bringen.
Nutzen Sie auch unsere Schulungen und Online-Kurse, um Ihr Wissen im Vergaberecht gezielt zu vertiefen. Perfekt für Einsteiger und Profis im Einkauf & öffentlicher Vergabe.
Sie benötigen kurzfristige Hilfe? Kontaktieren Sie uns und lassen Sie uns gemeinsam die optimale Lösung für Ihr Projekt finden – persönlich, kompetent und ergebnisorientiert.
Tipps: Wie Sie Angebote rechtssicher einreichen, Vergabeverfahren erfolgreich meistern und öffentliche Ausschreibungen professionell bearbeiten, erfahren Sie auf Vergabescope – weiterführende Praxis-Tipps, Fachartikel und aktuelle Beiträge zum Vergaberecht finden Sie im Vergabe-Blog.
FAQ zur Verdingungsordnung für Leistungen
1. Was ist die Verdingungsordnung für Leistungen?
Die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) ist ein zentrales Regelwerk des Vergaberechts, das die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge regelte. Sie bestand aus zwei Teilen: VOL/A mit verfahrensrechtlichen Vorschriften und VOL/B mit allgemeinen Vertragsbedingungen. Während die VOL/A 2016 durch die Vergabeverordnung (VgV) und die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ersetzt wurde, bleibt die VOL/B weiterhin verbindlich und wird als Vertragsgrundlage regelmäßig in öffentliche Aufträge einbezogen.
2. Welche Bedeutung hatte die VOL/A?
Die VOL/A konkretisierte die Grundsätze des Vergaberechts aus den §§ 97 ff. GWB und regelte detailliert das Verfahren zur Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen. Sie legte fest, wie Ausschreibungen bekannt zu machen sind, welche Kriterien bei der Auswahl der Bieter gelten und wie der Zuschlag erteilt wird. Ihre besondere Bedeutung bestand darin, Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb zu sichern. Nach der Reform 2016 wurde die VOL/A durch VgV und UVgO ersetzt, bleibt aber für die Rechtsentwicklung prägend.
3. Welche Regelungen enthält die VOL/B?
Die VOL/B umfasst Allgemeine Vertragsbedingungen, die für öffentliche Aufträge über Lieferungen und Dienstleistungen verbindlich sind. Sie regelt die Durchführung des Vertrages, insbesondere Leistungsänderungen, Abnahme, Vergütung, Mängelrechte und Kündigungsmöglichkeiten. Ihre Einbeziehung erfolgt regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb sie der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegt. Der Bundesgerichtshof bestätigte in ständiger Rechtsprechung, dass die VOL/B verbindlich, jedoch nicht unangreifbar ist.
4. Gilt die VOL noch heute?
Die VOL/A wurde 2016 abgeschafft und durch VgV sowie UVgO ersetzt. Die VOL/B gilt jedoch weiterhin und entfaltet praktische Relevanz als Vertragsgrundlage. Sie wird von öffentlichen Auftraggebern regelmäßig in Verträge eingebunden, um klare und einheitliche Regelungen zur Vertragsdurchführung zu schaffen. Damit bleibt die VOL zumindest in ihrem Teil B ein wichtiges Instrument des modernen Vergaberechts.
5. Welche EU-Vorgaben prägten die VOL?
Die VOL wurde maßgeblich durch europäische Richtlinien beeinflusst. Die Richtlinie 2004/18/EG und später die Richtlinie 2014/24/EU verpflichteten die Mitgliedstaaten, Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung sicherzustellen. Diese Prinzipien wurden in die VOL integriert und prägten ihre praktische Anwendung. Der Europäische Gerichtshof stellte in Urteilen wie Rs. C-213/07 („Michaniki“) klar, dass nationale Vorschriften unionsrechtskonform auszulegen sind, was die VOL unmittelbar beeinflusste.
6. Welche Pflichten hatten Auftraggeber nach VOL/A?
Öffentliche Auftraggeber waren verpflichtet, Verfahren diskriminierungsfrei, transparent und wettbewerblich durchzuführen. Sie mussten klare Leistungsbeschreibungen verfassen, die Vergabeart ordnungsgemäß wählen und den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen (§ 97 Abs. 5 GWB). Zudem bestand eine Pflicht zur Dokumentation aller wesentlichen Entscheidungen. Verstöße konnten zu Nachprüfungsverfahren führen und die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach sich ziehen.
7. Welche Rechte hatten Unternehmen nach VOL/A?
Unternehmen hatten Anspruch auf Gleichbehandlung, Transparenz und faire Wettbewerbsbedingungen. Sie konnten erwarten, dass die Vergabekriterien für alle Bieter gleich angewendet werden. Zudem bestand ein Anspruch auf rechtzeitige Information über Vergabeentscheidungen. Bei Verstößen konnten Unternehmen Rügen erheben und Nachprüfungsverfahren einleiten. Damit erhielten sie ein effektives Instrument zur Wahrung ihrer Rechte im öffentlichen Auftragswesen.
8. Wie war das Rechtsschutzsystem ausgestaltet?
Das Rechtsschutzsystem war zweistufig angelegt: Oberhalb der EU-Schwellenwerte bestand die Möglichkeit, Nachprüfungsverfahren bei den Vergabekammern einzuleiten (§§ 160 ff. GWB). Im Unterschwellenbereich war die VOL/A hingegen nur als Verwaltungsvorschrift ausgestaltet, weshalb kein unmittelbarer Rechtsschutz gegeben war. Unternehmen konnten in diesen Fällen auf Schadensersatzansprüche zurückgreifen. Dieses Rechtsschutzsystem gilt im Kern auch heute noch.
9. Welche Folgen hatten unzulässige Änderungen der VOL?
Unzulässige Änderungen der VOL konnten gravierende Rechtsfolgen haben. Änderungen der VOL/B, die die Vertragspartner unangemessen benachteiligten, führten zur Unwirksamkeit nach §§ 305 ff. BGB. Im Vergabeverfahren konnten Abweichungen von der VOL/A einen Verstoß darstellen, der zur Aufhebung der Vergabe führte. Der EuGH entschied zudem in Rs. C-454/06 („Pressetext“), dass wesentliche Vertragsänderungen während der Vertragslaufzeit eine Neuausschreibung erforderlich machen.
10. Wie beeinflusste die Reform 2016 die VOL?
Die Vergaberechtsmodernisierung 2016 führte zur Ablösung der VOL/A. Oberhalb der EU-Schwellenwerte gilt seither die VgV, im Unterschwellenbereich die UVgO. Beide Regelwerke setzen die Vorgaben der Richtlinie 2014/24/EU um. Die VOL/B blieb unverändert bestehen und wird weiterhin als Vertragsgrundlage verwendet. Damit lebt die VOL in Teilen fort, auch wenn sie nicht mehr das zentrale Regelwerk für Vergabeverfahren darstellt.
11. Welche Rügepflichten bestanden nach der VOL/A?
Unternehmen waren verpflichtet, erkannte Vergabeverstöße unverzüglich zu rügen. Grundlage hierfür war § 160 Abs. 3 GWB, der bestimmte, dass Nachprüfungsanträge nur zulässig sind, wenn die Rüge rechtzeitig erfolgt. Diese Regelung diente dazu, Fehler im Verfahren frühzeitig zu beheben und die Effizienz des Vergabeverfahrens zu sichern. Unternehmen, die ihre Rügepflicht versäumten, verloren ihr Recht auf Rechtsschutz.
12. Welche Rolle spielt die Rechtsprechung des BGH für die VOL/B?
Der BGH stellte klar, dass die VOL/B der AGB-Kontrolle unterliegt. In seiner Entscheidung vom 24.07.2008 (VII ZR 55/07) erklärte er, dass einzelne Klauseln unwirksam sein können, wenn sie die Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Damit wurde bestätigt, dass die VOL/B nicht über zwingendem Vertragsrecht steht. Diese Rechtsprechung ist entscheidend für die Vertragsgestaltung im öffentlichen Sektor und für die Wahrung fairer Vertragsbedingungen.
13. Welche Bedeutung hatte der EuGH für die Auslegung der VOL?
Der EuGH prägte die Auslegung der VOL maßgeblich. In Rs. C-213/07 („Michaniki“) stellte er klar, dass nationale Vorschriften unionsrechtskonform ausgelegt werden müssen. Mit Rs. C-454/06 („Pressetext“) entschied er, dass wesentliche Vertragsänderungen eine Neuausschreibung erfordern. Diese Urteile beeinflussten die Anwendung der VOL in Deutschland erheblich und machten deutlich, dass europäische Vorgaben Vorrang vor nationalen Detailregelungen haben.
14. Wie verhält sich die VOL im Vergleich zur VOB?
Die VOL bezieht sich auf Liefer- und Dienstleistungen, während die VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) Bauaufträge regelt. Beide Ordnungen bestehen aus einem verfahrensrechtlichen Teil (A) und einem vertragsrechtlichen Teil (B). Gemeinsam ist ihnen, dass sie standardisierte Verfahren und Vertragsbedingungen bereitstellen. Unterschiede bestehen jedoch im Anwendungsbereich: Während Bauleistungen spezifisch nach der VOB geregelt sind, deckt die VOL alle sonstigen Liefer- und Dienstleistungen ab.
15. Welche Bedeutung hat die VOL für kleine Auftraggeber?
Für kleinere Auftraggeber wie Kommunen oder Landkreise bot die VOL ein praktikables Instrument, um rechtssichere Vergabeverfahren durchzuführen. Sie stellte einheitliche Standards bereit und erleichterte die Durchführung selbst für nicht spezialisierte Behörden. Heute wird diese Funktion durch die UVgO übernommen, die die Struktur der VOL/A weitgehend fortführt. Die VOL wirkt jedoch weiterhin nach, da viele kommunale Vergaberichtlinien historisch auf ihr basieren.
16. Welche Sanktionen drohten bei Verstößen gegen die VOL/A?
Verstöße gegen die VOL/A konnten zur Aufhebung oder Korrektur des Vergabeverfahrens führen. Unternehmen hatten die Möglichkeit, Nachprüfungsverfahren einzuleiten (§ 160 GWB). Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, Schadensersatz nach § 181 GWB zu verlangen. Im Unterschwellenbereich führten Verstöße zwar nicht automatisch zu gerichtlichen Konsequenzen, konnten aber Beanstandungen durch Aufsichtsbehörden nach sich ziehen.
17. Welche Bedeutung hat die VOL für Unternehmen?
Die VOL stellte für Unternehmen den rechtlichen Rahmen dar, um sich an öffentlichen Vergaben zu beteiligen. Sie garantierte faire Wettbewerbsbedingungen und Transparenz. Auch heute ist ihre Kenntnis unverzichtbar, da die VOL/B weiterhin Vertragsbestandteil bleibt. Unternehmen, die die Vorgaben der VOL verstanden und nutzten, konnten ihre Marktchancen im öffentlichen Auftragswesen verbessern und ihre Rechte im Falle von Vergabeverstößen wirksam durchsetzen.
18. Welche Perspektiven hat die VOL im Lichte künftiger Reformen?
Die VOL/A ist zwar abgeschafft, doch die VOL/B bleibt in Kraft. Künftige Reformen könnten Anpassungen der VOL/B erfordern, insbesondere in Hinblick auf Digitalisierung und EU-weite Harmonisierung von Vertragsbedingungen. Denkbar sind Änderungen im Zuge neuer europäischer Richtlinien oder einer weiteren Vereinheitlichung des Vergaberechts. Dennoch wird die VOL nicht vollständig verschwinden, da sie weiterhin eine zentrale Vertragsgrundlage für öffentliche Aufträge bildet.
19. Welche Besonderheiten gibt es bei VOL-Bedingungen im internationalen Kontext?
Die VOL gilt auch bei grenzüberschreitenden Aufträgen, wenn deutsche Auftraggeber Verträge mit ausländischen Unternehmen schließen. Die VOL/B wird in solchen Fällen Vertragsbestandteil und schafft klare Standards. Allerdings muss sichergestellt sein, dass ihre Bestimmungen mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar sind. Für internationale Unternehmen bedeutet dies, dass sie deutsche Vertragsbedingungen akzeptieren müssen, was zu Verhandlungen über Anpassungen führen kann.
20. Welche juristische Relevanz hat die VOL heute noch?
Auch wenn die VOL/A abgelöst wurde, bleibt die VOL/B rechtlich hoch relevant. Sie wird weiterhin in öffentliche Verträge eingebunden und schafft verbindliche Grundlagen für Vertragsbeziehungen. Zudem ist die VOL für das Verständnis der Dogmatik des Vergaberechts bedeutsam, da ihre Strukturen in der VgV und UVgO fortwirken. Literatur und Rechtsprechung beziehen sich nach wie vor auf die VOL, sodass sie ein unverzichtbarer Bestandteil des juristischen Diskurses bleibt.