Bauleistungen – Rechtssichere Vergabe im Bau- und Vergaberecht.
Bauleistungen: Juristische Analyse und praxisorientierte Anleitung zur öffentlichen Auftragsvergabe
Die Vergabe von Bauleistungen unterliegt in Deutschland einem komplexen Regelwerk. Dieses Regelwerk umfasst im Wesentlichen den vierten Teil des Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV), die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) sowie die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A (VOB/A).
Hinzu treten auf europäischer Ebene die Richtlinie 2014/24/EU zur klassischen Vergabe und die Richtlinie 2014/25/EU zu Aufträgen im Sektorenbereich. Für Unternehmen, Verwaltungsstellen und Rechtsanwender ist es entscheidend, diese Regeln zu kennen und korrekt anzuwenden. Im Folgenden wird das Thema Bauleistungen sowohl juristisch tiefgehend analysiert als auch praxisnah erläutert: mit Blick auf Ausschreibungsunterlagen, Fristen sowie typische Fehlerquellen und Handlungshinweisen für Vergabestellen.
Grundlagen: Begriff und Abgrenzung von Bauleistungen
Der Begriff Bauleistungen ist zentral im Vergaberecht. Gemäß einem Themenblatt zur Abgrenzung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gilt: Bauleistung ist jede Leistung, durch welche eine bauliche Anlage errichtet oder geändert wird; Bauwerke sind mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Diese Abgrenzung ist von entscheidender Bedeutung, weil sich daran die jeweils anzuwendende Vergabeordnung orientiert. So gilt bei Bauleistungen grundsätzlich die VOB/A, während Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der Schwellenwerte der UVgO oder anderen Vorschriften unterliegen. Auf europäischer Ebene verweist die Richtlinie 2014/24/EU in ihren Anlagen auf Bauleistungen als Leistungsart. Damit ist schon in der Vorfeldprüfung des Auftragsgegenstands eine sorgfältige Abgrenzung erforderlich, insbesondere um Verfahren korrekt einzustufen und Rechtsrisiken zu vermeiden. Entscheidend ist ferner die richtige Bestimmung des Auftragswerts und damit verbunden die Schwellenwertfrage, die darüber entscheidet, ob ein europaweites Verfahren erforderlich ist oder das nationale Vergaberecht ausreicht.
Rechtsrahmen der öffentlichen Vergabe von Bauleistungen
Der zentrale Rahmen für die Vergabe von Bauleistungen im öffentlichen Bereich ergibt sich aus mehreren Vorschriften. Im GWB – konkret im vierten Teil – sind Vergabegrundsätze wie Transparenz und Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 1 GWB) sowie das Nachprüfungsverfahren geregelt. Die VgV konkretisiert Verfahrensarten, Verfahrensabläufe und Anforderungen an Vergabeunterlagen und verweist für Bauleistungen im Oberschwellenbereich auf die VOB/A. Die UVgO hingegen kommt bei Bauleistungen unterhalb der Schwellenwerte zur Anwendung, soweit nicht anders geregelt, insbesondere durch Landesrecht. Für Bauleistungen gilt vor allem die VOB/A mit Abschnitt 1 (national) und Abschnitt 2 (EU-weit) als Verfahrensrecht. Auf europäischer Ebene sind die Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU maßgeblich; sie definieren den Anwendungsbereich, Mindeststandards und Vorgaben zur Bekanntmachung bei Überschreitung der Schwellenwerte. Die nationale Umsetzung erfolgt über das GWB, die VgV und die verwiesenen Teile der VOB.
Schwellenwerte und ihre Bedeutung für Bauleistungen
Für die korrekte Vergabe von Bauleistungen ist die Überschreitung bzw. Unterschreitung der EU-Schwellenwerte von zentraler Bedeutung. Eine Unterschreitung führt dazu, dass nationale Regelungen wie VOB/A Abschnitt 1 und gegebenenfalls UVgO gelten, während bei Überschreitung ein europäisches Vergabeverfahren nach VOB/A-EU (Abschnitt 2) notwendig wird. Vergabestellen müssen deshalb zu Beginn des Verfahrens den geschätzten Auftragswert ohne Umsatzsteuer bestimmen, um die richtige Verfahrensordnung auszuwählen. Wird dieser Schritt unzureichend vorgenommen, drohen Nachprüfungsverfahren oder Zuschlagsaufhebungen. Ferner wirken sich Schwellenwerte auf Fristen, Bekanntmachungs- und Bewerbungsmodalitäten aus. Auch die Wahl der Bekanntmachungsplattformen und die Pflicht zur Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der EU hängen am Schwellenwert. Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, ob in der Bekanntmachung ein geschätzter Auftragswert angegeben ist und welche Rechtsfolgen sich daraus für Form, Fristen und Nachweise ergeben.
Vergabegrundsätze bei Bauleistungen
Die Vergabe von Bauleistungen hat stets die elementaren Grundsätze des Vergaberechts zu beachten: Transparenz, Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB sind Auftraggeber verpflichtet, Verfahren so zu gestalten, dass nachvollziehbarer Wettbewerb gewährleistet ist. Die Richtlinie 2014/24/EU nennt in Art. 18 analoge Prinzipien. Bei Bauleistungen besteht zusätzlich die Verpflichtung zur Losaufteilung nach § 5 Abs. 2 VOB/A, um insbesondere mittelständische Bauunternehmen zu fördern. In der Praxis bedeutet dies: Leistungsbeschreibung und Ausschreibungsunterlagen müssen klar, vollständig und diskriminierungsfrei erstellt werden; Angebote müssen vergleichbar sein; Öffnung, Prüfung und Zuschlag müssen nachvollziehbar dokumentiert werden gemäß § 20 VOB/A. Unternehmen profitieren von transparenten Zuschlagskriterien und nachvollziehbaren Wertungsmatrizen; Vergabestellen sichern durch klare Vorgaben und eine saubere Dokumentation die Nachprüfbarkeit.
Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen bei Bauleistungen
Im Bereich der Bauleistungen steht die richtige Gestaltung der Leistungsbeschreibung im Zentrum. Nach § 7 VOB/A sowie § 7 EU VOB/A sind Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis oder funktionales Leistungsprogramm zulässig. Eine funktionale Leistungsbeschreibung kann unter bestimmten Bedingungen gewählt werden und belässt Gestaltungsspielräume bei den Bietern, erfordert jedoch präzise Ziel- und Qualitätsvorgaben. Die Vergabeunterlagen müssen gemäß § 8 VOB/A alle erforderlichen Angaben enthalten, etwa Ausführungsfristen, Vertragsbedingungen, technische Spezifikationen und Eignungsanforderungen. Werden diese Unterlagen unzureichend oder fehlerhaft aufgesetzt, folgt ein erhebliches Nachprüfungs- und Haftungsrisiko. Unternehmen sollten Unterlagen frühzeitig lesen, Verständnisfragen fristgerecht stellen und Abweichungen vermeiden. Eine missverständliche Leistungsbeschreibung gefährdet die Vergleichbarkeit der Angebote und kann den Zuschlag rechtlich angreifbar machen.
Verfahrensarten und Auswahl der Zuschlagskriterien
Die VOB/A unterscheidet offene Verfahren, nicht offene Verfahren, Verhandlungsverfahren und den wettbewerblichen Dialog. Die Vergabestelle muss anhand von Wert, Komplexität und Losstruktur entscheiden, welches Verfahren geeignet ist und dies rechtlich begründen. Die Zuschlagskriterien sind an § 127 GWB sowie § 16 EU VOB/A zu orientieren. Kriterien müssen sachlich, nicht diskriminierend und auftragsbezogen sein. Neben dem Preis kommen Qualitäts-, Nachhaltigkeits-, Termin- und Betriebskostenkriterien in Betracht. Unternehmen sollten prüfen, ob die Zuschlagskriterien in Bekanntmachung und Vergabeunterlagen transparent benannt und gewichtet sind und ob die angebotene Leistung diese Anforderungen messbar erfüllt. Häufige Fehler sind eine unklare Gewichtung, verdeckte Unterkriterien oder die ausschließliche Fixierung auf den Preis, obwohl eine wirtschaftlichste Gesamtbetrachtung geboten ist.
Fristen, Öffnung und Dokumentation bei Bauleistungen
Im EU-Bereich der VOB/A Abschnitt 2 gelten besondere Mindestfristen (§§ 10a–10d EU VOB/A). Auch die Öffnung der Angebote hat ordnungsgemäß gemäß § 14 VOB/A zu erfolgen. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens ist nach § 20 VOB/A Pflicht und muss alle wesentlichen Schritte enthalten. Für Unternehmen bedeutet das: Angebote innerhalb der Bindefrist einreichen, Fristen exakt berechnen und vollständige Unterlagen inkl. Eignungsnachweisen fristgerecht übermitteln. Für Vergabestellen gilt: Fristen realistisch und rechtssicher setzen, die Öffnung formal korrekt durchführen und das Verfahren revisionssicher dokumentieren. Versäumnisse bei Fristen oder Öffnung begründen regelmäßig erfolgreiche Nachprüfungsanträge und gefährden den Zuschlag. Die Nachvollziehbarkeit jeder Wertungsentscheidung ist zentral für die Rechtssicherheit des Verfahrens.
Typische Fehlerquellen bei der Vergabe von Bauleistungen
In der Praxis treten bei Bauleistungsverfahren wiederkehrende Fehler auf. Häufig fehlt eine belastbare Auftragswertschätzung, was zur falschen Verfahrensordnung führt. Ebenso problematisch sind unklare oder widersprüchliche Leistungsbeschreibungen, die die Vergleichbarkeit der Angebote untergraben. Unangemessene Eignungsanforderungen oder das Unterlassen der Losaufteilung gemäß § 5 Abs. 2 VOB/A schränken Wettbewerb unzulässig ein. Auf Bieterseite führen lückenhafte Nachweise, Formfehler bei der Angebotsabgabe oder das Übersehen der Bindefrist zum Ausschluss. Vergabestellen vermeiden Risiken durch sorgfältige Verfahrensplanung, eindeutige Unterlagen, transparente Zuschlagskriterien und eine saubere Dokumentation. Unternehmen reduzieren Fehler, wenn sie Vergabeunterlagen strukturiert prüfen, rechtzeitig Fragen stellen und Qualitäts- sowie Terminkonzepte nachvollziehbar darstellen.
Rechtsschutz und Nachprüfungsverfahren bei Bauleistungen
Der Rechtsschutz bei Vergaben von Bauleistungen folgt aus §§ 160 ff. GWB. Nicht berücksichtigte Bewerber können innerhalb kurzer Fristen einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer stellen. Voraussetzung ist regelmäßig eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber, bevor der Antrag eingereicht wird. Bei wesentlichen Verfahrensfehlern können Zuschlagsentscheidungen aufgehoben oder Verfahren neu durchgeführt werden. Unternehmen müssen Fristen strikt einhalten und formale Anforderungen beachten. Vergabestellen wiederum sollten Entscheidungen begründen und vollständig dokumentieren, um in einem Nachprüfungsverfahren Bestand zu haben. Eine frühzeitige juristische Qualitätssicherung der Unterlagen verringert das Risiko späterer Beanstandungen und schützt Termin- und Budgetziele des Projekts.
Praxisleitfaden für Unternehmen: Ausschreibungsunterlagen richtig lesen
Unternehmen sollten bei Bauleistungen die Vergabeunterlagen systematisch prüfen. Zunächst ist die Verfahrensart zu identifizieren und der Auftragswert zu verifizieren, um die einschlägigen Vorschriften zu erkennen. Es folgt die Analyse des Leistungsverzeichnisses oder des Leistungsprogramms nach § 7 VOB/A, einschließlich technischer Spezifikationen, Ausführungsfristen und Vertragsbedingungen. Eignungs- und Nachweisanforderungen sind vollständig zu erfassen und frühzeitig zu planen. Sodann sind Zuschlagskriterien und deren Gewichtung auf Plausibilität und Nachweisbarkeit hin zu prüfen. Abschließend ist die fristgerechte, formfehlerfreie Einreichung zu organisieren, einschließlich elektronischer Anforderungen. Dieser strukturierte Ansatz reduziert Ausschlussrisiken und erhöht die Wertungschancen.
Praxisleitfaden für Vergabestellen: Vergabe auf bund.de korrekt durchführen
Vergabestellen beginnen mit einer realistischen Auftragswertschätzung und der Wahl des richtigen Verfahrens. Bekanntmachungen sind fristgerecht und formal korrekt, etwa über bund.de oder das EU-Amtsblatt bei Oberschwellenvergaben. Die Vergabeunterlagen werden gemäß § 8 VOB/A vollständig, widerspruchsfrei und diskriminierungsfrei erstellt. Die Losaufteilung wird nach § 5 Abs. 2 VOB/A geprüft, um mittelständische Beteiligung zu fördern. Fristen werden in Einklang mit §§ 10a–10d EU VOB/A gesetzt und die elektronische Kommunikation rechtskonform nach § 11a VOB/A ausgestaltet. Schließlich erfolgt eine nachvollziehbare Wertung, dokumentiert nach § 20 VOB/A, um die Nachprüfbarkeit sicherzustellen und die Zuschlagsentscheidung tragfähig zu begründen.
Integration europäischer Vorgaben bei Bauleistungen
Die Richtlinie 2014/24/EU und die Richtlinie 2014/25/EU bilden den europäischen Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe, auch für Bauleistungen. Deutschland setzte diese Vorgaben im vierten Teil des GWB und der VgV sowie im Verweisgefüge zur VOB/A um. Art. 18 der Richtlinie 2014/24/EU fixiert die Grundprinzipien Gleichbehandlung, Transparenz und Wettbewerb. Bei Sektorenauftraggebern gelten die spezialgesetzlichen Anforderungen der Richtlinie 2014/25/EU und der SektVO. Praktisch bedeutet dies strengere Bekanntmachungs-, Dokumentations- und Wertungsanforderungen bei Oberschwellenvergaben. Unternehmen sollten sich auf europaweite Standards einstellen, etwa elektronische Kommunikation, Eignungsnachweise in standardisierten Formaten und Sprachvorgaben. Vergabestellen profitieren von harmonisierten Verfahren, müssen die Anforderungen aber präzise adaptieren.
Vertragsarten und -bedingungen bei Bauleistungen
Die VOB/A legt die vergaberechtlichen Spielregeln fest; im Vertragsvollzug spielt die VOB/B regelmäßig eine zentrale Rolle. Üblich sind Verträge auf Einheitspreisbasis, Pauschalverträge oder Mischformen, je nach Risikoverteilung und Leistungsbeschreibung. Rahmenvereinbarungen sind möglich, jedoch zeitlich beschränkt und sorgfältig zu begründen. Auftragnehmer prüfen, ob und wie VOB/B einbezogen ist und welche Klauseln zu Änderungen, Haftung, Sicherheiten, Vertragsstrafen und Mängelrechten gelten. Auftraggeber stimmen Vertragsbedingungen eng mit der Leistungsbeschreibung ab, um Ausführung, Nachträge und Abrechnung rechtssicher zu steuern. Eine klare Schnittstellen-, Termin- und Qualitätsregelung reduziert Konflikte und erleichtert die Bauüberwachung.
Nachtragsmanagement und Änderung der Vergütung im Bauleistungsauftrag
Änderungen im Ausführungsumfang sind bei Bauleistungen häufig. Vergaberechtlich sind Nachträge dort einzubetten, wo sie im Vertrag vorgesehen oder im Vergabeverfahren transparent antizipiert wurden. § 9d VOB/A sowie korrespondierende vertragliche Mechanismen ermöglichen Vergütungsanpassungen, sofern Voraussetzungen erfüllt sind. Auftragnehmer sollten Nachträge fachlich begründen, kalkulatorisch sauber herleiten und fristgerecht anzeigen. Auftraggeber definieren klare Prozesse für Anordnung, Prüfung, Genehmigung und Dokumentation von Änderungen. Ein professionelles Nachtragsmanagement schützt Termin- und Budgetziele, vermeidet Streitigkeiten und wahrt die vergaberechtliche Integrität des ursprünglichen Verfahrens.
Praxisorientierung: Angebotsabgabe und Fristenberechnung
Die korrekte Fristenberechnung ist ein Kernstück jeder Bauleistungsvergabe. Ausgangspunkt sind die Bekanntmachung oder die Bereitstellung der Vergabeunterlagen, ergänzt um Mindestfristen nach EU-Abschnitt. Wochenenden und Feiertage sind einzurechnen; elektronische Übermittlung kann Einfluss auf Fristen und Form haben. Unternehmen planen die Angebotskalkulation rückwärts, berücksichtigen Bindefristen und klären Rückfragen frühzeitig. Vergabestellen setzen angemessene Fristen, die Marktlage und Leistungsumfang abbilden, und kommunizieren Änderungen unverzüglich. Fehler in der Fristenpraxis führen zu Ausschlüssen, Verzögerungen und erhöhtem Rechtsschutzrisiko; sorgfältige Planung und Dokumentation sichern die Verfahrensstabilität.
Bedeutung der Losaufteilung („Fachlose“) bei Bauleistungen
Die Losaufteilung dient der Mittelstandsförderung und dem Wettbewerb. § 5 Abs. 2 VOB/A verlangt eine sachgerechte Prüfung, ob Bauleistungen in Teil- oder Fachlose zu vergeben sind. Auftraggeber wägen Koordinationsaufwand, Schnittstellenrisiken und Markttiefe ab. Auftragnehmer bewerten Chancen auf Einzellosen und die Eignungsvoraussetzungen je Los. Eine unzureichende Losprüfung oder übermäßige Bündelung kann Wettbewerbschancen schmälern und Nachprüfungsrisiken erhöhen. Umgekehrt darf eine Zersplitterung nicht zu ineffizienten Strukturen führen. Dokumentierte Erwägungen zur Losbildung erhöhen Rechtssicherheit und Akzeptanz des Verfahrens.
Nachhaltigkeit, Umwelt und soziale Aspekte in Bauleistungsvergaben
Nachhaltigkeitskriterien gewinnen im Bauwesen an Gewicht. Vergabestellen dürfen Umwelt-, Sozial- und Innovationsaspekte als Zuschlagskriterien berücksichtigen, sofern sie auftragsbezogen, transparent und verhältnismäßig sind. Beispiele reichen von Energieeffizienz über Recyclingquoten bis zur Barrierefreiheit. Unternehmen integrieren belastbare Nachweise, Zertifikate und Referenzprojekte in ihre Angebote. Eine klare Definition der geforderten Standards und ihrer Bewertung verhindert Wertungsstreitigkeiten. Richtig ausgestaltete Kriterien fördern qualitativ hochwertige, zukunftsfähige Bauwerke und stärken die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand.
Besonderheiten bei Sektorenauftraggebern für Bauleistungen
Sektorenauftraggeber in Energie, Wasser oder Verkehr unterliegen der Richtlinie 2014/25/EU und der SektVO. Diese Rechtslage bringt flexibilisierte Verfahrensarten und spezifische Bekanntmachungs- sowie Eignungsregelungen mit sich. Auftraggeber klären frühzeitig, ob sie Sektorenauftraggeber im Sinne des § 98 GWB sind. Unternehmen prüfen die abweichenden Anforderungen sorgfältig und passen Teilnahmestrategien an. Die richtige Einordnung verbessert Planbarkeit und reduziert Rechtsrisiken. Fehlklassifikationen ziehen gravierende Folgen nach sich, bis hin zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.
Rechtsprechung exemplarisch: Bauleistungen und Vergaberecht
Die Rechtsprechung zeigt, dass Verfahrensfehler bei Bauleistungen konsequent sanktioniert werden. EuGH-Grundsätze zur Transparenz verlangen vollständige und klare Vergabeunterlagen in Oberschwellenverfahren. Nationale Entscheidungen betonen, dass unklare Leistungsbeschreibungen das Gleichbehandlungsgebot verletzen können. Vergabekammern und Oberlandesgerichte heben Vergaben auf, wenn Dokumentation, Fristen oder Zuschlagskriterien mangelhaft ausgestaltet wurden. Für Auftraggeber empfiehlt sich ein frühzeitiger Rechts- und Qualitätscheck, für Bieter ein strukturierter Angebots- und Rügeprozess. Kontinuierliche Beobachtung der Rechtsprechung stärkt die Compliance und die Erfolgsaussichten im Verfahren.
Fazit zur Vergabe von Bauleistungen
Die Vergabe von Bauleistungen stellt hohe juristische Anforderungen an Unternehmen und Vergabestellen. Nur wer die Vorschriften – etwa §§ 97 ff. GWB, §§ 1-24 VOB/A, §§ 10a-10d EU VOB/A und §§ 160 ff. GWB – kennt und konsequent umsetzt, minimiert Risiken und vermeidet Nachprüfungsverfahren. Gleichzeitig profitieren alle Beteiligten von transparenten, wirtschaftlichen und nachhaltigen Verfahren. Eine strukturierte Unterlagenerstellung, sorgfältige Fristen- und Angebotsplanung sowie eine revisionssichere Dokumentation sind erfolgsentscheidend. Wer hier methodisch vorgeht, steigert Rechtssicherheit, Qualität und Wettbewerbschancen.
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FAQ zu Bauleistungen im Vergaberecht
1: Wie definiert sich „Bauleistungen“ im Vergaberecht?
Der Begriff „Bauleistungen“ ist in Deutschland zentral für das Vergaberecht und findet seine Grundlage in § 1 VOB/A sowie in der Richtlinie 2014/24/EU. Nach § 1 Abs. 1 VOB/A sind Bauleistungen alle Arbeiten, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Rs. C-399/98) hat klargestellt, dass Bauleistungen stets die Schaffung eines wirtschaftlichen oder technischen Funktionsergebnisses umfassen müssen. Bauwerke sind nach deutschem Verständnis mit dem Boden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Diese Definition ist entscheidend, weil sich an ihr die anzuwendende Vergabeordnung orientiert: Bei Bauleistungen gilt grundsätzlich die VOB/A, bei Liefer- und Dienstleistungen dagegen die VgV oder UVgO. Eine fehlerhafte Einordnung, z. B. als Dienstleistung statt als Bauleistung, kann gravierende Folgen haben – etwa die Anwendung falscher Verfahren, unzulässige Fristen oder eine fehlerhafte Bekanntmachung. Daher müssen öffentliche Auftraggeber bereits in der Planungsphase die Leistungsart präzise bestimmen und dokumentieren. Für Unternehmen ist wichtig, frühzeitig zu erkennen, ob sie mit einem Bauauftrag im vergaberechtlichen Sinn zu tun haben, da nur dann die spezifischen Vorschriften der VOB/A greifen.
2: Welche gesetzlichen Vergabegrundsätze gelten für Bauleistungen?
Die Vergabe öffentlicher Bauleistungen ist an klare rechtliche Grundsätze gebunden, die in § 97 GWB festgelegt und durch die Richtlinie 2014/24/EU auf europäischer Ebene bestätigt werden. § 97 Abs. 1 GWB verpflichtet Auftraggeber, Wettbewerbsverfahren transparent, diskriminierungsfrei und nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu gestalten. Zudem müssen mittelständische Interessen gewahrt werden (§ 97 Abs. 4 GWB), insbesondere durch die Pflicht zur Losaufteilung nach § 5 VOB/A. Art. 18 Richtlinie 2014/24/EU enthält ergänzend die Prinzipien Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit. Diese Grundsätze sind nicht bloß programmatisch, sondern einklagbar. In der Praxis bedeutet dies, dass alle Bieter die gleichen Chancen erhalten müssen, die Vergabeunterlagen klar und vollständig sein müssen und Zuschlagsentscheidungen nachvollziehbar begründet werden müssen. Verstöße gegen diese Prinzipien führen regelmäßig zu erfolgreichen Nachprüfungsanträgen (§§ 160 ff. GWB). Vergabestellen müssen dokumentieren, wie sie die Grundsätze angewendet haben, und Unternehmen sollten prüfen, ob Ausschreibungen diesen Anforderungen entsprechen. Ein transparentes und gleichbehandelndes Verfahren stärkt Vertrauen und Wettbewerb und verhindert willkürliche Entscheidungen.
3: Unter welchen Schwellenwerten gilt die nationale Vergabeordnung bei Bauleistungen?
Schwellenwerte bilden die Schnittstelle zwischen nationalem und europäischem Vergaberecht. Für Bauleistungen liegt der maßgebliche EU-Schwellenwert derzeit bei 5.382.000 Euro (Stand 2025, vgl. EU-Verordnung 2023/2496). Wird dieser Betrag netto überschritten, muss die Vergabe europaweit nach der VOB/A EU erfolgen; liegt der geschätzte Auftragswert darunter, gilt national die VOB/A Abschnitt 1, ergänzt durch landesrechtliche Regelungen und ggf. die UVgO. Der Auftragswert ist gem. § 3 VgV vor Einleitung des Verfahrens zu schätzen. Maßgeblich ist der Gesamtwert aller zu vergebenden Leistungen ohne Umsatzsteuer. Eine falsche Wertschätzung kann das gesamte Verfahren rechtswidrig machen. Beispiel: Wird ein Bauauftrag zu niedrig geschätzt und national ausgeschrieben, obwohl der EU-Schwellenwert überschritten ist, kann der Zuschlag nach § 134 GWB für nichtig erklärt werden. Auftraggeber sind daher verpflichtet, ihre Kalkulationsgrundlagen sorgfältig zu dokumentieren. Für Unternehmen ist der Schwellenwert relevant, weil er über Verfahren, Fristen und Veröffentlichungspflichten entscheidet und den Aufwand bei der Angebotserstellung erheblich beeinflusst.
4: Welche Verfahrensarten kommen bei Bauleistungen zum Einsatz?
Bei Bauleistungen unterscheidet das Vergaberecht mehrere Verfahrensarten, die in § 3 VOB/A und § 3 EU VOB/A geregelt sind. Das offene Verfahren ist der Regelfall, bei dem jeder Interessierte ein Angebot abgeben darf. Das nicht offene Verfahren schließt eine Vorauswahl über einen Teilnahmewettbewerb ein. Das Verhandlungsverfahren ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig, etwa bei besonders komplexen Bauprojekten oder nach erfolglosem offenen Verfahren. Zudem kann der wettbewerbliche Dialog bei innovativen Großprojekten gewählt werden. Die Wahl des Verfahrens ist zu begründen und zu dokumentieren. Für Bauleistungen unterhalb der Schwellenwerte gilt zusätzlich die Möglichkeit der beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb oder freihändigen Vergabe (§ 3a VOB/A). Falsch gewählte Verfahren führen zur Rechtswidrigkeit der Vergabe und eröffnen Bietern Rechtsmittel nach §§ 160 ff. GWB. Auftraggeber sollten Verfahrensart, Projektkomplexität und Marktsituation abwägen. Unternehmen sollten prüfen, ob die gewählte Verfahrensform korrekt ist, um sich ggf. rechtzeitig zu wehren, wenn der Wettbewerb unzulässig eingeschränkt wird.
5: Wie muss die Leistungsbeschreibung bei einer Bauleistung aussehen?
Die Leistungsbeschreibung ist das juristische Herzstück jeder Bauausschreibung. Nach § 7 VOB/A muss sie eindeutig und erschöpfend sein, sodass alle Bieter die Leistung im gleichen Sinne verstehen. Sie kann als Leistungsverzeichnis (detaillierte Einzelpositionen) oder als funktionale Leistungsbeschreibung erfolgen (§ 7b VOB/A). Letztere lässt dem Auftragnehmer Spielräume in der Ausführung, verlangt aber präzise Zieldefinitionen. In der EU-VOB/A (§ 7c) wird zusätzlich die Möglichkeit der Verwendung technischer Normen (z. B. DIN-EN-Normen) geregelt. Die Leistungsbeschreibung darf keine Diskriminierung enthalten, etwa durch unzulässige Produktvorgaben oder regionale Bevorzugungen. Öffentliche Auftraggeber müssen zudem Umwelt- und Sozialanforderungen berücksichtigen (§ 97 Abs. 3 GWB). Für Unternehmen ist wichtig, frühzeitig zu prüfen, ob die Beschreibung widerspruchsfrei, vollständig und umsetzbar ist. Enthält sie Unklarheiten, sollten Bieter rechtzeitig Bieterfragen stellen (§ 20 VOB/A). Eine fehlerhafte Leistungsbeschreibung kann zu unzulässigen Angeboten, Nachträgen oder zur Aufhebung des Vergabeverfahrens führen, weshalb Präzision oberstes Gebot ist.
6: Was sind typische Fehler bei der Angebotsabgabe für Bauleistungen?
Typische Fehler entstehen bei der formalen Angebotsabgabe. Nach § 13 VOB/A muss das Angebot vollständig, unterschrieben und fristgerecht eingehen. Bei elektronischer Einreichung (§ 11a VOB/A) sind Format, Signatur und Übermittlungsweg zwingend einzuhalten. Häufig fehlen Eignungsnachweise (§ 6a VOB/A), Preisangaben sind unvollständig oder Nebenangebote nicht zugelassen. Eine verspätete Abgabe führt grundsätzlich zum Ausschluss (§ 16 VOB/A). Unternehmen übersehen oft, dass Änderungen in den Vergabeunterlagen oder nachträgliche Klarstellungen Bestandteil des Angebots werden müssen. Außerdem ist die Bindefrist (§ 10 VOB/A) einzuhalten – nach ihrem Ablauf darf der Zuschlag nicht mehr erfolgen. In der Praxis sollten Bieter Checklisten nutzen, alle Unterlagen doppelt prüfen und elektronische Abgaben rechtzeitig testen. Auftraggeber minimieren Fehlerquellen, wenn sie eindeutige Formblätter bereitstellen, die Kommunikation dokumentieren und die Fristen klar berechnen. Fehlerhafte Angebote können das gesamte Verfahren verzögern und müssen nach § 16 VOB/A ausgeschlossen werden, selbst wenn sie wirtschaftlich günstig wären.
7: Wie erfolgt die Fristenberechnung bei Bauleistungsvergaben?
Die Fristenberechnung ist präzise geregelt. Nach § 10 VOB/A und § 10a EU VOB/A beginnen Fristen mit dem Tag nach Absendung oder Veröffentlichung der Bekanntmachung. Wochenenden und Feiertage werden bei der Berechnung berücksichtigt (§ 57 VwVfG analog). Die Mindestfristen betragen im offenen Verfahren in der Regel 35 Tage, im nicht offenen Verfahren 30 Tage. Bei elektronischer Bereitstellung der Vergabeunterlagen kann die Frist um fünf Tage verkürzt werden. Auftraggeber dürfen Fristen nur verlängern, wenn Änderungen an den Unterlagen vorgenommen werden (§ 10c VOB/A). Für Bieter ist entscheidend, die Frist für Bieterfragen zu beachten, da verspätete Anfragen nicht mehr beantwortet werden müssen. Fehlerhafte Fristberechnung ist ein häufiger Vergabefehler, der zu Nachprüfungsverfahren führen kann. Auftraggeber sollten Fristen stets in Kalendertagen angeben und die Berechnung dokumentieren. Für Unternehmen empfiehlt sich eine interne Fristenkontrolle, um unverschuldete Verspätungen – etwa durch technische Übertragungsprobleme – zu vermeiden.
8: Welche Dokumentationspflichten bestehen für Vergabestellen bei Bauleistungen?
§ 20 VOB/A verpflichtet Vergabestellen, jeden Schritt des Vergabeverfahrens vollständig zu dokumentieren. Diese sogenannte Vergabeakte dient der Nachprüfbarkeit und Beweissicherung. Sie muss Angaben enthalten über die Verfahrensart, die Eignungsprüfung, die Wertung, Zuschlagskriterien, Fristen und alle Entscheidungen. Nach der EU-VOB/A (§ 20 EU) gilt zusätzlich eine Pflicht zur elektronischen Archivierung. Bei Verstößen kann die Vergabeentscheidung von der Vergabekammer aufgehoben werden. Die Dokumentation muss so beschaffen sein, dass Dritte – insbesondere Nachprüfungsinstanzen – alle wesentlichen Schritte nachvollziehen können. Eine lückenhafte Akte gilt als Beweis für einen Verfahrensfehler. In der Praxis empfiehlt sich eine strukturierte Aktenführung mit Index, Zeitleiste und Vermerken. Auftraggeber sollten besonders Änderungen, Bieterfragen und Zuschlagsentscheidungen ausführlich begründen. Für Unternehmen ist die Dokumentation Grundlage, um im Falle einer Rüge die Verfahrensabläufe rechtlich zu prüfen. Die Dokumentation ist somit ein elementarer Bestandteil rechtssicherer Vergaben.
9: In welchen Fällen greift bei Bauleistungen das Nachprüfungsverfahren?
Das Nachprüfungsverfahren nach §§ 160 ff. GWB schützt Unternehmen vor rechtswidrigen Vergaben. Es steht nur bei Aufträgen oberhalb der EU-Schwellenwerte offen. Voraussetzung ist, dass der Bieter eine Verletzung seiner Rechte durch Vergabefehler geltend macht und den Verstoß zunächst gerügt hat (§ 160 Abs. 3 GWB). Erfolgt keine Abhilfe, kann binnen 15 Tagen nach Nichtabhilfeantrag die Vergabekammer angerufen werden. Typische Fehler, die überprüft werden, sind unklare Leistungsbeschreibungen, diskriminierende Eignungsanforderungen, fehlerhafte Wertungen oder Fristverstöße. Die Kammer kann den Zuschlag untersagen oder das Verfahren aufheben. Gegen den Beschluss ist die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 171 GWB) zulässig. Auch unterhalb der Schwellenwerte besteht begrenzter Rechtsschutz durch kommunalaufsichtliche oder zivilrechtliche Wege. Auftraggeber vermeiden Verfahren, wenn sie Bieterkommunikation sorgfältig dokumentieren und auf Rügen rechtzeitig reagieren. Unternehmen sollten prüfen, ob ein wirtschaftlicher und rechtlicher Nutzen in einem Nachprüfungsverfahren besteht, da dieses mit Kosten verbunden ist.
10: Welche Besonderheiten gelten für Bauleistungen im Sektorenbereich?
Im Sektorenbereich – etwa bei Energie-, Wasser- oder Verkehrsbetrieben – gelten spezielle Regelungen nach der Richtlinie 2014/25/EU und der Sektorenverordnung (SektVO). Diese Auftraggeber unterliegen nur eingeschränkt der klassischen VOB/A. Nach § 98 GWB zählen hierzu Unternehmen, die öffentliche Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge wahrnehmen, auch wenn sie privatrechtlich organisiert sind. Bauleistungen in diesem Kontext folgen flexibleren Verfahrensregeln, z. B. verlängerten Fristen oder alternativen Bekanntmachungswegen. Die SektVO erlaubt mehr Gestaltungsspielraum bei der Wahl der Verfahren, verlangt aber ebenso Transparenz und Gleichbehandlung. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass Eignungsanforderungen technischer und spezifischer sind. Für Auftraggeber ist die korrekte Einordnung als Sektorenauftraggeber wesentlich – ein Fehler kann das gesamte Verfahren rechtswidrig machen. Die Beachtung der Sektorenrichtlinie sichert die Wettbewerbsneutralität in monopolnahen Bereichen und schützt öffentliche Infrastrukturprojekte vor rechtlichen Verzögerungen.
11: Wie funktioniert die Losaufteilung bei Bauleistungen?
Die Losaufteilung ist ein zentrales Instrument zur Förderung des Wettbewerbs und zur Unterstützung mittelständischer Bauunternehmen. Nach § 5 Abs. 2 VOB/A sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet zu prüfen, ob Bauleistungen in Fach-, Teil- oder Mengenlose aufgeteilt werden können. Ziel ist, den Marktzugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu ermöglichen, ohne die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojekts zu gefährden. Die Entscheidung über die Losstruktur muss dokumentiert und nachvollziehbar begründet werden. In der Praxis bedeutet dies, dass Auftraggeber technische Abhängigkeiten, Koordinationsaufwand und Schnittstellenrisiken abwägen. Eine zu starke Bündelung kann gegen das Mittelstandsgebot des § 97 Abs. 4 GWB verstoßen; eine übermäßige Zersplitterung kann hingegen die Effizienz gefährden. Unternehmen sollten prüfen, ob sie sich auf einzelne Lose oder als Bietergemeinschaft bewerben können. Ein Nachprüfungsantrag ist möglich, wenn die fehlende Losaufteilung den Wettbewerb einschränkt. Rechtsprechung und Vergabekammern fordern eine klare, schriftlich belegte Losbegründung. Eine wohlüberlegte Losaufteilung verbessert nicht nur die Rechtssicherheit, sondern auch die Qualität und Kostenstruktur der Bauausführung.
12: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeitskriterien bei Bauleistungsvergaben?
Nachhaltigkeits-, Umwelt- und Sozialaspekte sind zunehmend Bestandteil moderner Vergabeverfahren. Gemäß § 97 Abs. 3 GWB können Auftraggeber soziale, umweltbezogene oder innovative Kriterien in das Verfahren einbeziehen, sofern sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. In der Praxis betrifft dies Bauleistungen besonders stark, etwa in Bezug auf Energieeffizienz, Ressourcenschonung, Recyclingmaterialien oder CO₂-Bilanz. Art. 67 der Richtlinie 2014/24/EU erlaubt ausdrücklich, Lebenszykluskosten als Zuschlagskriterium zu berücksichtigen. Damit kann nicht nur der Anschaffungspreis, sondern auch der langfristige Nutzen bewertet werden. Auftraggeber müssen solche Kriterien transparent formulieren, klar gewichten und in den Vergabeunterlagen offenlegen. Unternehmen sollten Nachhaltigkeitsnachweise, Umweltzertifikate (z. B. ISO 14001) und Referenzen vorbereiten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Integration von Nachhaltigkeit fördert Qualität, Innovationskraft und gesellschaftliche Verantwortung im Bauwesen. Fehler entstehen, wenn die Kriterien nicht auftragsbezogen oder unverhältnismäßig sind – dann drohen Nachprüfungen. Richtig umgesetzt, sind Nachhaltigkeitskriterien ein modernes Steuerungsinstrument für öffentliche Bauaufträge.
13: Wie sind Vertragsänderungen und Nachträge bei Bauleistungen zu behandeln?
Vertragsänderungen und Nachträge sind im Bauwesen häufig und rechtlich sensibel. Nach § 9d VOB/A bzw. § 9d EU VOB/A dürfen Vergütungsänderungen nur erfolgen, wenn sie im Vertrag vorgesehen oder nachträglich erforderlich und sachlich gerechtfertigt sind. Auch § 132 GWB bestimmt, wann wesentliche Vertragsänderungen ohne neues Vergabeverfahren zulässig sind. Änderungen dürfen insbesondere dann erfolgen, wenn sie durch unvorhersehbare Umstände bedingt sind oder der Wert unter bestimmten Schwellen bleibt (i. d. R. < 10 % bei Bauleistungen). Auftraggeber müssen jede Änderung schriftlich dokumentieren und begründen. Unternehmen sollten Nachträge präzise kalkulieren, den Leistungsumfang exakt beschreiben und fristgerecht anzeigen (§ 2 VOB/B). Eine nicht genehmigte Änderung kann als unzulässige Direktvergabe gewertet werden. Praktisch bedeutet dies: klare Kommunikation, abgestimmte Prüfprozesse und dokumentierte Freigaben. Richtiges Nachtragsmanagement schützt beide Parteien vor Streit, Kostenexplosion und rechtlichen Risiken.
14: Welche Eignungsnachweise müssen Unternehmen bei Bauleistungen erbringen?
Die Eignungsprüfung soll sicherstellen, dass nur leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen am Verfahren teilnehmen. Nach § 6a VOB/A bzw. § 6a EU VOB/A sind drei Hauptbereiche zu prüfen: Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Zulässige Nachweise sind etwa Referenzen über vergleichbare Projekte, Angaben zur technischen Ausstattung, Nachweise über Personalqualifikation und finanzielle Leistungsfähigkeit. Auch Präqualifikationsnachweise (PQ-VOB) können als Beleg dienen. Auftraggeber dürfen nur solche Nachweise verlangen, die in angemessenem Verhältnis zum Auftragsgegenstand stehen. Unverhältnismäßig hohe Anforderungen – etwa überdimensionierte Umsatzgrenzen – verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 GWB). Unternehmen sollten frühzeitig vollständige Nachweisunterlagen vorbereiten und auf Aktualität achten. Fehlende oder fehlerhafte Nachweise führen regelmäßig zum Ausschluss (§ 16 VOB/A). In der Praxis empfiehlt sich ein standardisiertes Eignungsportfolio, um flexibel auf Ausschreibungen reagieren zu können. Auftraggeber wiederum sollten Eignungskriterien klar und nachvollziehbar in den Vergabeunterlagen benennen.
15: Was sind die Voraussetzungen für die Zuschlagserteilung bei Bauleistungen?
Die Zuschlagserteilung erfolgt gemäß § 127 GWB auf das wirtschaftlichste Angebot. Maßgeblich sind die zuvor bekanntgemachten Zuschlagskriterien, die Preis, Qualität, Nachhaltigkeit, technische Wertigkeit oder Lebenszykluskosten umfassen können. Der Zuschlag darf nur auf ein wertbares, vollständiges und formgerechtes Angebot erteilt werden (§ 16 VOB/A). Eine Zuschlagserteilung außerhalb der Bindefrist (§ 10 VOB/A) ist unzulässig. Auftraggeber müssen eine Wertungsmatrix anwenden und ihre Entscheidung dokumentieren (§ 20 VOB/A). Der Zuschlag stellt den rechtlich bindenden Vertragsabschluss dar (§ 18 VOB/A). Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Angebote alle Kriterien vollständig erfüllen und die Bewertungsmethodik verstehen. Eine falsche Gewichtung oder intransparente Begründung der Zuschlagsentscheidung kann nach §§ 160 ff. GWB angefochten werden. In der Praxis empfiehlt sich eine Vorprüfung aller Kriterien und eine plausible, prüffähige Kalkulation. Auftraggeber sichern sich durch klare Bewertungsverfahren und nachvollziehbare Zuschlagsvermerke gegen Rechtsstreitigkeiten ab.
16: Wann greift die UVgO bei Bauleistungen und was bedeutet das für Unternehmen?
Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) gilt grundsätzlich für Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte. Für Bauleistungen ist dagegen die VOB/A Abschnitt 1 maßgeblich. Allerdings greifen UVgO-Regelungen bei Mischaufträgen, die Bau- und Dienstleistungen kombinieren (§ 2 Abs. 2 VgV). In diesen Fällen ist zu prüfen, welche Leistung überwiegt. Überwiegt der Bauanteil, gilt die VOB/A; überwiegt der Dienstleistungsanteil, greift die UVgO. Für Unternehmen bedeutet das: genaue Analyse der Leistungsbeschreibung, um die richtige Verfahrensordnung zu erkennen. Auftraggeber müssen diese Zuordnung dokumentieren, da ein Verstoß zur Rechtswidrigkeit der Vergabe führen kann. In der Praxis bieten viele Bundesländer ergänzende Verwaltungsvorschriften, die das Zusammenspiel von UVgO und VOB/A regeln. Die UVgO ermöglicht mehr Flexibilität, verlangt aber ebenso Transparenz und Gleichbehandlung (§ 2 UVgO). Für Auftraggeber bleibt entscheidend, Mischvergaben eindeutig zu klassifizieren und die einschlägigen Rechtsgrundlagen offenzulegen.
17: Welche Besonderheiten gelten bei elektronischen Verfahren für Bauleistungen?
Die elektronische Kommunikation ist nach § 11a VOB/A verpflichtend, soweit technische Voraussetzungen bestehen. Angebote, Teilnahmeanträge und Nachweise müssen über zugelassene E-Vergabeplattformen eingereicht werden, die Vertraulichkeit, Integrität und Nachweisbarkeit sicherstellen. Elektronische Signaturen, Zeitstempel und verschlüsselte Übertragungen sind rechtlich erforderlich. Auftraggeber müssen sicherstellen, dass alle Bieter Zugang zur Plattform haben und technische Störungen dokumentiert werden. Unternehmen sollten rechtzeitig Testübertragungen durchführen und Pufferzeiten einplanen, da verspätete Einreichungen zum Ausschluss führen (§ 16 VOB/A). Die elektronische Öffnung erfolgt automatisiert, protokolliert und revisionssicher. Verstöße gegen diese Pflichten können zur Aufhebung des Verfahrens führen. In der Praxis erhöhen elektronische Verfahren Transparenz und Effizienz, verlangen jedoch strikte Verfahrensdisziplin. Eine klare technische Anleitung in den Vergabeunterlagen ist unabdingbar, um Gleichbehandlung sicherzustellen. Auftraggeber und Bieter profitieren langfristig von digitalisierten Abläufen, sofern sie rechtlich und technisch korrekt umgesetzt werden.
18: Wie behandeln Vergabestellen Nachhaltigkeits- und Umweltanforderungen bei Bauleistungen rechtssicher?
Nachhaltigkeits- und Umweltanforderungen sind nur dann rechtssicher, wenn sie in direktem Bezug zum Auftragsgegenstand stehen (§ 97 Abs. 3 GWB). Vergabestellen dürfen ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen, müssen diese aber sachlich begründen, transparent veröffentlichen und verhältnismäßig ausgestalten. Zulässig sind etwa Anforderungen an Energieeffizienz, Materialherkunft, Recyclingquoten oder soziale Mindeststandards auf der Baustelle. Art. 67 Richtlinie 2014/24/EU erlaubt die Berücksichtigung solcher Kriterien bei der Zuschlagswertung. Auftraggeber müssen Bewertungsmaßstäbe konkret angeben, um Willkür zu vermeiden. Unternehmen können durch Umweltmanagementsysteme, Nachweise (EMAS, ISO 14001) und Dokumentationen punkten. In der Praxis sollte die Gewichtung dieser Kriterien nachvollziehbar in die Wertungsmatrix integriert werden. Eine fehlende Begründung oder überzogene Anforderungen können das Verfahren angreifbar machen. Richtig angewendet, fördern Nachhaltigkeitskriterien qualitative Bauausführung, Ressourceneffizienz und Innovationskraft – und erfüllen gleichzeitig die politische Zielsetzung nachhaltiger Beschaffung.
19: Wie unterscheiden sich VOB/A und VgV bei Bauleistungen?
Die VOB/A und die VgV unterscheiden sich vor allem im Anwendungsbereich. Die VOB/A regelt die Vergabe von Bauleistungen, während die VgV Liefer- und Dienstleistungsaufträge betrifft. § 2 VgV verweist ausdrücklich auf die Anwendung der VOB/A für Bauleistungen oberhalb der EU-Schwellenwerte. Strukturell ist die VOB/A praxisorientierter und auf technische Vergaben zugeschnitten. Sie enthält Vorschriften zu Leistungsbeschreibung, Fristen, Angebotsöffnung und Nachtragsmanagement. Die VgV hingegen legt größeren Fokus auf qualitative Kriterien, Rahmenvereinbarungen und Innovationsförderung. Für Auftraggeber ist die richtige Zuordnung entscheidend, da eine falsche Rechtsgrundlage zur Aufhebung des Verfahrens führen kann. Unternehmen sollten die verwendete Verfahrensordnung genau prüfen, um die korrekten Fristen, Nachweise und Rechtsbehelfe zu kennen. In der Praxis ergänzen sich beide Regelwerke, da viele Großprojekte neben Bau- auch Liefer- oder Dienstleistungsanteile enthalten. Eine präzise Abgrenzung vermeidet Doppelregulierung und Rechtsunsicherheit.
20: Welche Bedeutung hat die Richtlinie 2014/25/EU für Bauleistungen?
Die Richtlinie 2014/25/EU regelt die Vergabe öffentlicher Aufträge in den Sektoren Wasser-, Energie-, Verkehrs- und Postdienste. Für Bauleistungen bedeutet sie, dass Auftraggeber, die in diesen Bereichen tätig sind, besonderen Vorschriften unterliegen. Ziel der Richtlinie ist es, Wettbewerb in Bereichen zu fördern, in denen Monopolstrukturen bestehen. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgt über die Sektorenverordnung (SektVO). Diese erlaubt flexiblere Verfahren und weniger Formalismen, erfordert aber dennoch Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung. Auftraggeber müssen prüfen, ob sie als Sektorenauftraggeber im Sinne des § 98 GWB gelten. Für Unternehmen ergeben sich dadurch spezifische Chancen: Die Verfahren sind oft dialogorientierter, die technische Expertise stärker gewichtet. Fehler in der Zuordnung zwischen klassischer und Sektorenvergabe führen jedoch zu erheblichen Rechtsfolgen – bis hin zur Nichtigkeit der Vergabe. Die Beachtung der Richtlinie 2014/25/EU sichert somit nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die europäische Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Bauaufträge.
